Datenschutz:Wähleradressen landen bei Händler

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Die Adressen von mehreren tausend Münchner Briefwählern sind auf dem Markt angeboten worden - darunter offenbar auch Anschriften von Prominenten.

Dominik Hutter

Die Adressen von mehreren tausend Münchner Briefwählern sind durch einen Datenschutz-Fauxpas des Kreisverwaltungsreferats (KVR) an ein Lübecker Unternehmen gelangt und auf dem Markt angeboten worden. Nach Informationen des Stern sollen darunter auch Anschriften Prominenter wie des Kabarettisten Dieter Hildebrandt sein.

Das KVR, das Strafantrag wegen unbefugter Weitergabe geschützter Daten gestellt hat, spielt bei dem Vorfall ganz offenkundig eine unrühmliche Rolle. Denn die Adressen waren auf den Umschlägen von Briefwahlanträgen verzeichnet, die an das von den Jesuiten getragene Berchmanskolleg weitergegeben wurden - dort wurden die Briefmarken abgelöst und die Erlöse für karitative Zwecke verwendet.

"Sehr blauäugig" sei das gewesen, urteilt der bayerische Datenschutzbeauftragte Thomas Petri. Ein derart sorgloser Umgang mit den Adressen der Bürger sei, auch wenn er für einen guten Zweck erfolge, ein klarer Verstoß gegen den Datenschutz und möglicherweise auch gegen das Wahlgeheimnis. Dem KVR habe klar sein müssen, dass die Adressen einen wesentlich höheren Wert darstellten als die Briefmarken.

Petri hatte das KVR bereits vor Monaten darüber informiert, dass Münchner Briefwahladressen auf dem Markt angeboten werden. Die Behörde hat daraufhin die Weitergabe von Briefumschlägen, die offenbar langjähriger Usus war, gestoppt.

Zu näheren Angaben war Sprecherin Daniela Schlegel mit Verweis auf die laufenden Ermittlungen nicht bereit - etwa, ob das Verschenken der Briefmarken mit der Referatsleitung abgesprochen war. Josef Schmid, der Fraktionschef der CSU im Rathaus, forderte eine "umfassende Aufklärung dieses unglaublichen Vorgangs".

Nach Angaben des Berchmanskollegs gelangten die aus dem KVR stammenden Briefumschläge im Jahr 2009 über eine Sammlerin an die christliche Einrichtung. Dabei seien "keine Vorgaben über eine besondere Verwendung" der Marken oder Adressdaten gemacht worden. Die allerdings will nun das Innenministerium den Kommunen verordnen - bei der nächsten Wahl.

© SZ vom 17.06.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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