Was für wertvolle Perlen sind doch immer wieder bei Konzerten der Bayerischen Akademie der Schönen Künste in der Residenz zu entdecken, stets bei freiem Eintritt: Diesmal György Kurtágs Mitte der Achtzigerjahre komponierte, teils existenzielle, teils ironisch-humorvolle Kafka-Fragmente op. 24 - gespielt und gesungen von Salome Kammer und der Geigerin Carolin Widmann.
Beide haben für eine szenische Aufführung vor einigen Jahren diese 40 Miniaturen, die zusammen eine knappe Stunde dauern, mit dem Komponisten einstudiert. Das hört - und sieht - man in jeder Sekunde. Weil Salome Kammer nicht nur eine famose Sängerin ist, sondern auch eine erfahrene Schauspielerin, gestaltet sie nicht nur mit enorm flexibler Stimme alle Facetten zwischen Sprechen, Sprechgesang, lyrischem und höchst expressivem Singen, sondern lässt Mimik und Körpersprache mitagieren.
Carolin Widmann begleitet mit ihrer Geige nicht einfach, sondern ist Partnerin, die instrumental schon mal widerspricht, zunächst im Wortsinn mitspielt, dann ausbricht und wieder zurückkehrt, oder plötzlich einen frechen Kommentar abgibt. "Eine Zumutung" nannte Heike Hoffmann, Leiterin der Salzburg-Biennale, in ihrer Einführung den vierteiligen Zyklus mit "Vertonungen" in einer Länge zwischen 19 Sekunden und siebeneinhalb Minuten. Doch das gilt vor allem für die Interpreten, die schon rein technisch höchst gefordert sind, und vielleicht für das Darüber-Schreiben, weniger fürs Zuhören. Lustvoller, spannender, weitgefächerter ist zeitgenössische Musik selten, die knappe Stunde verging wie im Flug. Aber kaum dachte man noch über einen paradox gleichnishaften Satz und seine Musikalisierung nach, wurde man schon mit der nächsten prägnanten Essenz bombardiert.