Kritik:Beeindruckender Punch

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Billy Cobham brilliert mit Jazzrock aus den Siebzigern

Von Ralf Dombrowski, München

Spätestens am Anfang des zweiten Sets schlägt die Erinnerung zu: "Stratus", yeah, gespielt vom Komponisten persönlich und seiner Bande! Mancher im Night Club des Bayerischen Hofs bekommt den sphärischen Blick der Nostalgie, schließlich gibt es kaum ein Stück der Fusion-Ära, das den Geist der wummernden Rockmusik stimmiger mit den Synthiesalven des kreischenden Funk und den improvisierenden Exaltismen des befreiten Jazz zusammenbrachte wie diese Hymne aus dem Jahr 1973. Da stört es noch nicht einmal, dass Billy Cobham anstatt des wuchtigen Wirbels des LP-Originals mit ziseliertem Beckenschwirren anfängt, bevor das typische Bassmotiv einsetzt.

Für ihn selbst ist es das vielleicht tausendste Mal, dass er seinen Hit spielen muss, und er wappnet sich gegen die Abnützung, indem er den Song ebenso wie das gesamte, überwiegend um Lieder aus dem Umkreis des aktuellen Albums "Tales From The Skeleton Coast" kreisende Programm versiert variiert, ohne darüber den ursprünglich satten Klang des Jazzrocks zu verlieren. Dafür sorgt nicht nur sein noch immer beeindruckender Punch am Drum-Set, mit dem er seine Trommelburg bearbeitet. Es ist auch eine Frage des Bandkonzepts, das mit zwei Keyboardplätzen neben Bass und Gitarre klare Reminiszenzen an die Zeit der Entdeckung der Klangsynthetik erinnert. Steve Hamilton und Camelia Ben Naceur nehmen sich dabei nichts, denn beide sind ebenso beschlagen im Umgang mit den sägenden Sinuskurvensounds, wie mit den geerdeten Exkursen bei den E-Piano-Improvisationen. Sie bilden das opulente und mit umfangreichem Notenmaterial sorgfältig vorbereitete Klangbett, das der Gitarrist Jean-Marie Ecay dezent mit funky Phrasierungen, aufwendigen Melodiedoppelungen und gelegentlichen Soloeinlagen ergänzt. Michael Mondesirs Bassgitarre schließlich umrankt präzise und perfekt auf Cobham abgestimmt diesen eh schon vollen Kosmos der vertrakten Themen und Motive.

So wie überhaupt das ganze Konzert passgenau auf den Drummer und dessen Ideenwelt zugeschnitten ist. Niemand hat anderes erwartet, und so lacht Billy Cobham den halben Abend vor Freude beim Spielen und mit ihm das Publikum im Club.

© SZ vom 25.03.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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