Kriegsverbrechen:Niznansky bestreitet Teilnahme an Massakern

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Mit Vehemenz hat der mutmaßliche Kriegsverbrecher Ladislav Niznansky am zweiten Prozesstag sämtliche Vorwürfe der Staatsanwaltschaft zurückgewiesen. "Zur Zeit der Massaker war die Gruppe "Edelweiß" nicht mehr in dem Tal", sagte der 86 Jahre alte ehemalige slowakische Hauptmann im Schwurgericht.

Von Alexander Krug

Ohne es konkret auszusprechen, deutete er damit an, dass eine ganz andere Einheit für die Morde verantwortlich sein soll.

Ladislav Niznansky berät sich mit seinem Anwalt Steffen Ufer. (Foto: Foto: Reuters)

Die Anklage wirft Niznansky zwei Massaker in den zentralslowakischen Dörfern Ostry Grun und Klak sowie die Erschießung von 18 jüdischen Flüchtlingen im Tal Ksina im Januar und Februar 1945 vor. Insgesamt soll er an der Ermordung von 164 Menschen beteiligt gewesen sein, in Ostry Grun soll er 20 Zivilisten eigenhändig erschossen haben.

Niznansky war damals Hauptmann einer 130 Mann starken slowakischen Abteilung der so genannten Abwehrgruppe 218 Edelweiß unter dem Kommando von Major Erwein Graf Thun-Hohenstein. Der Auftrag von "Edelweiß" war die Bekämpfung von Partisanen, die sich nach dem gescheiterten Aufstand in der Slowakei rund um Banska Bystrica gesammelt hatten.

Befehle von deutschem Offizier

Niznansky wurde nach eigenen Angaben zur Mitarbeit bei "Edelweiß" gezwungen, hielt aber auch persönlich nichts von den Rebellen. "Ich sehe den Partisanenkampf als notwendig an. Keine Armee der Welt wird Partisanen in ihrem Gebiet dulden." Insofern sei der Kampf gegen sie eine "ganz legale Sache. Das ist keine Nazi-Erfindung". Von Mitte Dezember 1944 an kam es zu ersten Einsätzen der slowakischen Abteilung. Dabei, so betont er, habe stets ein deutscher Offizier die Befehlsgewalt gehabt.

Im Januar 1945 sei er in das Tal von Ostry Grun und Klak geschickt worden. Dort habe sich "Edelweiß" geteilt. Der Einsatzbefehl lautete: "Bekämpfung von Partisanen." Eine rund 100 Mann starke Gruppe mit Major Thun sei im Talgrund vorgerückt, er selbst sei mit etwa 185 Mann unter Führung eines deutschen Leutnants auf dem Hügelrand entlanggezogen. Es sei wie immer ein nächtlicher Einsatz gewesen. "Wir sind im Gänsemarsch gegangen, vorne waren die Deutschen." Ihre Gruppe habe auf dem Hügel keinerlei Feindberührung gehabt: "Wir waren sozusagen arbeitslos."

Aus dem Tal sei jedoch "heftiger Gefechtslärm" heraufgedrungen. Im Morgengrauen hätten sich die beiden Gruppen in Klak wieder getroffen. Major Thun-Hohenstein habe vor einer "Falle" der Partisanen gewarnt, und die gesamte Einheit sei deshalb wieder aus dem Tal abgezogen. "In Ostry Grun war ich nie", sagt Niznansky. Und in Klak habe er keine Zivilisten gesehen. Von den Massakern will er erst "17 Jahre später" erfahren habe, als er 1962 in Abwesenheit von einem slowakischen Gericht zum Tode verurteilt wurde.

Orden kurz vor Kriegsende

Richter Manfred Götzl findet es "nicht nachvollziehbar", dass damals im Januar 1945 nicht in der Gruppe über die Massaker gesprochen worden sein soll. "Das waren doch viele Tote?"- "Major Thun hat mir nichts gesagt", behauptet Niznanksy. Auch von anderen habe er nichts gehört. Außerdem sei "Edelweiß" zu dem Zeitpunkt nicht mehr in dem Tal gewesen. Auch an der Erschießung der 18 jüdischen Flüchtlinge in einem Erdloch im Februar 1945 will er nicht beteiligt gewesen sein. "Das ist eine gemeine und niederträchtige Lüge", meint er und ringt dabei erstmals um Fassung.

"Edelweiß" habe sich im April 1945 quasi selbst aufgelöst, nachdem sich die meisten Mitglieder der Gruppe abgesetzt hätten, sagt Niznansky. Major Thun habe ihm vorher noch eigenhändig das Eiserne Kreuz I. Klasse verliehen. "Er hat es mir einfach an die Brust geheftet, ich weiß nicht warum. Ich habe weder in Russland noch bei ,Edelweiß' Heldentaten vollbracht." Der Prozess wird am 27. September fortgesetzt.

© SZ vom 17.09.2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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