Restaurant Afros:Beim Zeus, hier wird man richtig satt!

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Kein hipper Szene-Grieche mit junger Küche, sondern eine klassische Taverne im besten Sinne: das Afros in der Bogenhausener Braystraße. (Foto: Stephan Rumpf)

Das Restaurant Afros ist ein klassischer Grieche, wie er im Buche steht: Gerichte aus der großmütterlichen Küche, Essen im Überfluss - und Zutaten aus der Heimat.

Von Johanna N. Hummel

Dieser Text ist leider veraltet, das Restaurant gibt es inzwischen nicht mehr.

Eumaios ließ sich nicht lumpen, Kenner der Odyssee wissen es. Den abgerissenen Bettler, den perfekt getarnten Odysseus, führte der Sauhirte zu einem weichen Lager, trug Wein und Brot auf, briet als kleinen Imbiss zwei Ferkel, opferte für das Abendessen ein fettes Schwein. Eumaios gab dem Fremden das, was er hatte, und zwar im Überfluss, so wie Zeus, der Hüter des Gastes, es gebot. Nun hat der Göttervater, der einst seine Blitze auch auf die Eitlen schleuderte, nichts mehr zu sagen, was so manch Irdischer bedauern mag. Beim Stichwort Gast aber hört für Griechen noch immer der Spaß auf, das walte Zeus.

Im Restaurant Afros hat man es nicht nötig, auf das göttliche Gebot aufmerksam zu machen, es versteht sich von selbst. Als Evangelos Siontas das Lokal an der Ecke Bray- und Prinzregentenstraße vor bald einem Jahr übernahm, verzichtete er auf alle Zutaten für einen hippen Szene-Griechen mit junger Küche. Eine gehobene Taverne ist das Afros, schön schlicht eingerichtet, mit grau lasierten Stühlen, weißen Wänden, an denen als hübsche kleine Verkaufsausstellung moderne Bilder hängen.

Aus Larisa kommt Evangelos Siontas, wo der Olymp nicht weit ist. Seine Familie besitzt eine Landwirtschaft und liefert Olivenöl, Weizen oder Wein nach München. In dergleichen Direktvermarktungen investiert man gern, weil das Brot gut, das Öl mild und der Wein angenehm und trocken waren, ob der Chardonnay, der Muscat oder Cabernet Sauvignon (0,2 Liter 4 Euro).

Afros, schreibt Evangelos Siontas auf seiner Internetseite, bedeute die Qualität der Gefühle und der Sachen. Wir hatten an den geheimnisvollen Schaum gedacht, dem Aphrodite entstiegen sein soll. Wie auch immer. Die Crew im Afros jedenfalls scheint der Antike sehr nah zu sein, Erbe von Homers Sauhirten Eumaios: Sie gibt das, was sie hat, und zwar im Überfluss.

Wie die Speisekarte aussieht

Bereits die Speisenkarte ist überbordend, Seite um Seite Gerichte aus der großmütterlichen Küche. Die sämige Fischsuppe im großen Teller, fast ein Eintopf mit Fisch, Krabben und Karotten, schmeckte schön intensiv (6,80). Und dann Trachanas, seit der Antike die Suppe der Armen: Aus Weizenschrot, Schafsjoghurt, Salz und Zitrone wird sie gekocht, und sie umschmeichelte den Magen, machte richtig satt (4,50). Nun ist Magerkost nicht im Angebot, auch nicht bei der warmen Vorspeise für zwei Personen (10,50): Zucchini-Puffer, Käsekroketten, gebratenes Gemüse, viel Biss, alles war, zusammen mit cremigem Tzatziki (3,80), einfach nur gut.

Bei einer so großen Karte braucht ein Lokal, wenn es halbwegs frisch kochen will, ein Art Baukasten-System. Im Afros hat man sich ein besonders üppiges ausgedacht. Zu fast allen Hauptgerichten gibt es feinen gemischten Salat und außerdem nach Wahl knusprige Pommes beziehungsweise Bratkartoffeln oder Gemüse; mal waren es Blumenkohl, Brokkoli und Karotten, die allerdings völlig naturbelassen schmeckten, mal Wurzelgemüse in feinem Öl.

Serviert wurden Portionen, als sei man ein schwerarbeitender Erntehelfer. Und angesichts dieser Mengen fiel es nicht so auf, dass die ebenfalls zu den Gerichten versprochenen Mandel-Knoblauch- oder Auberginen-Crèmes stillschweigend durch Tzatziki ersetzt waren.

Fleisch, Fisch und ein Amuse-Gueule zum Schluss

Über das Preis-Leistungs-Verhältnis muss man nicht reden, die meisten Hauptgerichte kosten zwischen 10 und 15 Euro. Fisch und Fleisch waren von guter Qualität, und sie wurden recht liebevoll behandelt. Der butterweiche, gegrillte Oktopus auf Rucola, ein riesiger kalligrafischer Schnörkel, schmeckte ganz wunderbar (16,50). Die Dorade war im richtigen Moment vom Grill gekommen, das Fleisch noch glänzend, die Haut knusprig (13,90). Nur die mit Reis und Muscheln gefüllten Calamares erinnerten an bleiche Schonkost. Aber das Meeresgetier wird auf der Karte ja auch als "schwanger" tituliert (17,60).

Fleisch spielt mindestens eine so große Rolle wie Fisch. Die mit Knoblauch und Kräutern gegrillten Lammkoteletts - fünf an der Zahl - waren zart (12,90), und auch am Souflaki vom Huhn, das Fleisch intensiv mariniert, konnte man nicht herummäkeln (11,90). Das rot geschmorte Rindfleisch Kokkinisto wird neckisch "Großmutters Vulkan" genannt, und die leicht scharfen Fleischwürfel zergingen auf der Zunge. In ausgehöhlte Baguette-Stücke waren sie gefüllt und mit Joghurt dekoriert, was interessant aussah, nach Mini-Vulkanen. Das Brot allerdings schluckte die köstliche Sauce völlig weg. Schade (18,90).

Die Kellner gehören zu den emsigen ihres Standes, freundlich und schnell sind sie. Sie schlichen auch nicht ständig um die Tische herum, um eine Bestellung zu ergattern, im Gegenteil. Ein Kellner reagierte richtig unwillig auf die Frage nach einem Nachtisch, nuschelte so etwas wie "Sie kriegen noch was" und brachte aus der Küche karamellisierte Milchpuddings mit sündig süßem Feigen-Confit. Es war das Amuse-Gueule als Abschluss, zu dem es einmal auch einen feinen Tsipouro aus eigener Herstellung gab. Bleibt zu hoffen, dass dem Afros bei all den Gaben der Euro nie ausgeht.

© SZ vom 26.03.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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