Kolumne: After Eight:Hilfe aus dem Nachtleben

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Während die Münchner wie immer die Nächte durchtanzen, ereignet sich in Haiti eine Katastrophe. Nun aber feiern sie für einen guten Zweck. Münchner DJs rufen zur Hilfe auf.

Beate Wild

In diesen Tagen kann einem das Feiern vergehen. Seit mehr als einer Woche sehen wir nun schon in den Nachrichten die Bilder aus Haiti. Die vielen Todesopfer, die Hilflosigkeit der Rettungstrupps, die Verzweiflung der Überlebenden des Erdbebens.

Feiern für den guten Zweck: Münchner DJs wollen mit ihrer Party "Munich Nightlife For Haiti" Spenden für die Erdbebenopfer sammeln. (Foto: Foto: ap)

Und die Münchner? Sie sehen das Leid, reden darüber - und suchen dann doch erstmal die nächste gute Party. Sie tanzen ausgelassen auf dem Filmball und streiten darüber, ob das Glockenbachviertel immer noch cool ist. Da fragt man sich, sind die Münchner wirklich so oberflächlich und bis unter die Haarwurzeln hedonistisch?

Doch dann ist uns am vergangenen Wochenende dieser Mann mit der großen Box in der Hand aufgefallen. Er arbeitet im Cafe King als Türsteher. Am Samstag stand er im Loft, dem Rückgebäude des King, wieder an der Tür, um Partygästen Einlass zu gewähren. Auf der Box, die er in der Hand hielt, stand groß: "Spenden für Haiti".

Jedem, der in den Club wollte, wurde die Schachtel unter die Nase gehalten. Und die Münchner ließen sich nicht lange bitten.

Und nun erreicht uns gerade eine Einladung, die uns vor Überraschung die Augenbraue nach oben ziehen lässt. "Munich Nightlife Helps Haiti" ist das Motto einer Party, die nächste Woche (Donnerstag, 28.1. ab 20 Uhr) im Muffatcafé stattfindet. München hilft Haiti - ist das so etwas wie "Hope for Haiti"? Dieses riesige Spendenkonzert, das US-amerikanische Stars am Freitag (22.1.) parallel in New York und Los Angeles organisiert haben? So ähnlich.

Der stadtbekannte DJ Florian Keller organisiert das Münchner Event. Er hat einfach ein paar seiner DJ-Kollegen gefragt, ob sie mitmachen für den guten Zweck und die haben sich nicht lange bitten lassen. Mit dabei sind unter anderen Blumentopf-DJ Sepalot, Roland Appel ( Registratur), Michael Fakesch ( Café King), Tobi Wullert ( Atomic Café), Lester Jones ( Rote Sonne) und DJ Freez ( Pandaparty). Auch einen bislang noch geheimen Live-Act wird es geben.

Während in New York Justin Timberlake, Rihanna, Stevie Wonder, Bono, Coldplay und Bruce Springsteen auf die Bühne gehen, kontern die Münchner mit ihren Haus- und Hof-DJs. Der Erlös dieses Abends wird zu 100 Prozent an Ärzte ohne Grenzen gespendet.

Auch die Disco Drei Türme in der Kulturfabrik macht eine Party unter dem Motto "Feiern für Haiti". In ihrer Pressemitteilung schreiben die Betreiber, dass die in Port- au-Prince ums Leben gekommene Münchner Modestudentin Olivia-Elisa Stammgast in ihrem Etablissement war. Die Gäste können an diesem Abend spenden, auch die Gehälter der DJs und Barkeeper gehen an die Erdbebenopfer - konkret an die Organisation Unsere kleinen Brüder und Schwestern, die sich schon seit mehr als 20 Jahren um Waisenkinder in Haiti kümmert.

Diese beiden Aktionen können wir gar nicht genug loben. Das Spenden darf nicht aufhören. Und Flo Keller und seine DJ-Kollegen haben eines erkannt: Die Münchner animiert man am besten mit einer guten Party. Ein genialer Plan, der hoffentlich noch einige Nachahmer nach sich zieht.

Und wann bitte hat man schon mal mit einem so guten Gewissen gefeiert?

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