Kapellmeister im Hofbräuhaus:Alles, nur keine "Deppenschlager"

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Kapellmeister Georg Obermüller steht beinahe täglich im berühmtesten Wirtshaus der Welt. Auf den "Holzmichl" und den "Anton" warten die Gäste bei ihm vergeblich. "Schließlich ist das Hofbräuhaus ein Lokal, und kein Oktoberfest."

Von Antje Pöhner

"In München steht ein Hofbräuhaus, oans, zwoa, gsuffa" - Die Melodie des bajuwarischen Ohrwurms ist dem Oberbayern Georg Obermüller so vertraut wie sonst nur wenigen im Freistaat. Der 49-Jährige ist Kapellmeister im wohl berühmtesten Wirtshaus der Welt, dem Hofbräuhaus.

Die traditionelle Trinkhalle des Münchner Hofbräuhauses. (Foto: Foto: ddp)

Fast täglich unterhält er in der Gaststube, der so genannten Schwemme, von 12 bis 16 Uhr mit drei bis vier weiteren Musikern die Gäste aus aller Welt. "In München steht ein Hofbräuhaus" ist dabei Pflicht.

Seit fünf Jahren gehört Georg Obermüller zur nachmittäglichen Hofbräuhaus-Stammkapelle, den "Taubenbergmusikanten". Seit drei Jahren ist er deren Kapellmeister. Im Hofbräuhaus musizieren zu dürfen, ist "eine Ehre", sagt Obermüller.

Alles, nur keine Deppenschlager

Zu seiner Kapelle gehören rund 20 Musiker, die er im Rotationsprinzip einsetzt. Einige von ihnen spielen sogar beim Münchner Symphonieorchester und in der Staatsoper, erzählt der Kapellmeister: "Als Musiker im Hofbräuhaus musst' schon was drauf haben."

Neben musikalischem Talent ebenfalls dringend von Nöten seien gute Nerven, informiert Obermüller. Vor allem, wenn Gäste die von ihm regelrecht verachteten Gaudi-Lieder wie den "Anton", den "Holzmichl" oder gar "Die Hände zum Himmel" einforderten. "Deppenschlager" nennt er diese Musik und weigert sich vehement, diese Lieder zu spielen.

Wünschen dürften sich die Gäste "alles, was sich auf musikalischen Ebenen bewegt". Die Abend-Kapelle ab 18.00 Uhr sei in diesem Punkt etwas toleranter.

Obermüller, der bei den "Taubenbergmusikanten" Akkordeon und Trompete spielt, hat in seinem Repertoire Unterhaltungsmusik, viele Märsche wie den Deutschmeister- oder den Kaiserjägermarsch und jede Menge Klassiker. "Sierra Madre" geht für ihn genauso in Ordnung wie "Marina" - dem Profi-Musikanten zufolge "der große Renner" im Hofbräuhaus. Vor allem die italienischen Gäste seien von diesem Schlager angetan.

Italiener mit blanken Hinterteilen

Die Italiener seien sowieso seine liebsten ausländischen Gäste, gesteht Obermüller. "Die gehen am meisten mit." Für sie stimmt der Kapellmeister auch mal "O sole mio" oder Verdis "Gefangenenchor" an.

Allerdings seien sie in mancher Hinsicht auch die "Gefährlichsten": In ausgelassener Bierlaune sei es sogar schon einmal vorgekommen, dass einige Männer ihre blanken Hinterteile geschwenkt hätten.

Gar nicht einverstanden ist Obermüller mit der weit verbreiteten Meinung, im Hofbräuhaus sei das ganze Jahr über Oktoberfest. Der Vergleich hinkt seiner Ansicht nach gewaltig. Vor allem das auf der Wiesn übliche "unsinnige, primitive Saufen" sei nicht im Sinne der Gastwirtschaft, betont der Kapellmeister.

Das Hofbräuhaus versteht sich als traditionsreiches Lokal, in dem die Gäste zu zünftiger Musik gemütlich Brotzeit machen und ihr Bier genießen können. Auf den Tischen oder Bänken zu tanzen, ist im Hofbräuhaus untersagt.

Eine der wichtigsten Aufgaben Obermüllers ist es, durch seine Musik die Stimmung in der 1500 Gäste fassenden Schwemme zu regulieren. Wenn die Laune der Besucher zu ausgelassen sei, spiele er beispielsweise etwas Langsameres und Leiseres, damit die Stimmung nicht überkoche, verrät der Kapellmeister. Geht es ein wenig fad zu im Gastraum, versuchen er und seine Truppe die Gästeschar ein wenig aufzuheitern.

Begehrtes Fotomotiv in Lederhosen

Der gelernte Landwirt Obermüller, der seit seinem 30. Lebensjahr als Berufsmusiker arbeitet, nennt seine Kapellmeister-Tätigkeit im Hofbräuhaus seine "Leidenschaft". 250 bis 300 Tage verbringt er dort im Jahr, schätzt der Musiker.

Dass sich Obermüller von ganzem Herzen mit der bayerischen Tradition identifiziert, sieht der Hofbräuhausgast schon auf den ersten Blick: In seinen Lederhosen, dem Trachtenhemd und dem Janker ist er ein Oberbayer, wie er im Buche steht.

Kein Wunder, dass Obermüller damit eines der begehrtesten Fotomotive im Hofbräuhaus ist: 200 Mal werde er pro Tag mindestens fotografiert, erzählt der Kapellmeister - und auf Millionen Pixel in alle Welt getragen.

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