"Kameradschaft Süd":17-jährige Rechtsradikale verhaftet

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Die Polizei hat ein weiteres Mitglied der rechtsextremen "Kameradschaft Süd" festgenommen. Die erst 17-Jährige wird verdächtigt, gemeinsam mit anderen Rechtsextremen in München einen Bombenanschlag geplant zu haben. Damit sind neun Rechtsradikale in Untersuchungshaft.

Von Felix Berth

(SZ vom 18.9.2003)— Das 17-Jährige Mädchen, das aus Baldham im Landkreis Ebersberg stammt, wurde am Montag in der Nähe von München festgenommen. Sie wird vom Generalbundesanwalt verdächtigt, Mitglied einer terroristischen Vereinigung zu sein und gemeinsam mit anderen Rechtsextremen in München einen Bombenanschlag geplant zu haben.

Das Mädchen soll die Freundin eines Anführers der "Kameradschaft Süd" sein. Sie sei im "Frauenbund" der Neonazi-Truppe aktiv, deren Mitglieder sich regelmäßig in einem Münchner Lokal trafen. Damit sind derzeit neun Rechtsradikale in Untersuchungshaft; zwei Haftbefehle sind gegen Auflagen außer Vollzug gesetzt.

Eine Zwischenbilanz der Ermittlungen konnte die Generalbundesanwaltschaft gestern noch nicht ziehen, zumal die Karlsruher Behörde das Verfahren erst am vergangenen Donnerstag an sich gezogen hatte.

Rechtsradikale sagen "Mahnwache" ab

Münchner Rechtsradikale haben sich nach den zahlreichen Verhaftungen inzwischen entschieden, eine für den 9. November geplante "Mahnwache" abzusagen. Die Veranstaltung wird zwar auf den Internet-Seiten des Vereins "Demokratie direkt" noch angekündigt; der Vereinsvorsitzende Roland Wuttke sagte der SZ gestern jedoch, dass diese Demonstration nicht stattfinden werde: "Wir haben am Dienstag intern besprochen, dass wir vorerst alle Auftritte in der Öffentlichkeit unterlassen."

Nach Wuttkes Plänen sollten bei der "Mahnwache" am 9. November die Namen von Palästinensern und Irakern verlesen werden, die nach seiner Auffassung "Opfer des Terrors und der Kriegsverbrechen der USA und Israels" geworden seien. Am gleichen Tag, dem Jahrestag der Reichspogromnacht, wird in München der Grundstein für das Jüdische Zentrum gelegt, was das Datum aus Sicht der antisemitischen Extremisten interessant macht.

"Demokratie direkt" zerstritten

Wuttkes Verein "Demokratie direkt", dem auch der Republikaner-Stadtrat Johann Weinfurtner sowie CSU-Mitglieder angehören, hat sich wegen dieses Themas zerstritten: "Wir haben Herrn Wuttke gestern erklärt, dass die Veranstaltung am 9. November nicht in Frage kommt", sagte Weinfurtner gestern. In den nächsten Tagen werde eine Mitgliederversammlung einberufen; dann müsse die Zukunft des Vereins geklärt werden: Möglich sei die Auflösung von "Demokratie direkt", aber auch die Ablösung des Vorsitzenden Wuttke, sagte Weinfurtner der SZ.

Der Verein war bisher in München mit einigen kleineren rechtsextremen Demonstrationen hervorgetreten. Auch Martin Wiese, der verhaftete Anführer der "Kameradschaft Süd", hatte Kontakt zum "Demokratie direkt": Wiese, der nach Auffassung der Ermittler mit der terroristischen Vereinigung "Kameradschaft Süd" ein Bombenattentat plante, trat am 22. Mai 2003 bei einer Veranstaltung in einer Giesinger Gaststätte als Leiter des Ordnungsdienstes auf.

Unter bundesdeutschen Rechtsextremen gilt der Verein als wenig etabliert. Steffen Hupka, ein in der Szene bekannter Neonazi, schätzte gestern, dass "Demokratie direkt" nur wenige Demonstranten mobilisieren könnte. Die Tatsache, dass der Verein seine "Mahnwache" am 9. November noch nicht einmal beim Kreisverwaltungsreferat angemeldet hatte, zeige, "wie stümperhaft der Verein arbeitet", so Hupka.

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