Jung und gut (3):Das Richtige im Alten

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Cembalist Andreas Skouras bleibt natürlich.

JOHANNES RUBNER

Ein Originalklang-Pedant ist Andreas Skouras nicht, ganz im Gegenteil. Sicher, sagt er, sei es keineswegs unwichtig, historisch korrekt zu spielen, aber es läge nun einmal nicht weit vom Korrekten auch das Sterile und Langweilige.

Ob ein Triller von unten oder von oben begonnen werden müsse, findet er nett zu diskutieren, doch für wesentlich spannender hält Skouras die Frage, was der Triller denn eigentlich ausdrücken, welche Gefühlsbereiche er aufreißen solle. Gegen die historische Aufführungspraxis als Selbstzweck bleibt Skouras skeptisch.

Da kann es passieren, dass man ihn in eine lange und ernsthafte Erörterung historischer Fingersätze verwickelt hat, nur um ihn abschließend sagen zu hören, dass es doch letztlich völlig egal sei, ob man mit dem Daumen oder mit der Nase spiele. Hauptsache, die Musik stimmt - und offenbar stimmt sie unter den Händen des Cembalisten, Hammerklavierspielers und Pianisten Andreas Skouras. Dafür hat er im Juni einen der Bayerischen Kunstförderpreise bekommen, dotiert mit 6000 Euro. Die verwendet er, um "nur erst einmal ruhiger zu leben".

Was freilich nicht heißt, dass er jetzt Zeit hätte, sich auf die faule Haut zu legen; im Herbst nimmt er die erste Solo-CD auf mit Musik von Fredrik Schwenk und drei Haydn-Sonaten, daneben bastelt er an einer zyklischen Aufführung von Bachs gesamten Solo-Cembalowerk. Ein Veranstalter allerdings fehlt bislang noch, eingeübt sind die Stücke schon zum größten Teil.

Andreas Skouras ist 1972 in Saloniki in Griechenland geboren, aufgewachsen ist er in Kavala. Dort hat er sieben Jahre lang das Odeon besucht, ein Zwischending aus Musikschule und Konservatorium. Für den Abschluss im Hauptfach Klavier war aber keine Zeit mehr, weil Skouras inzwischen die Aufnahmeprüfung an der Münchner Musikhochschule bestanden hatte.

Seine Mutter ist Münchnerin, und vielleicht war er deshalb so waghalsig, sich ausschließlich hier zu bewerben. Das künstlerische Diplom bekam er in der Klavierklasse von Franz Massinger, hatte sich nebenher aber schon um seine Ausbildung in Alter Musik gekümmert. Das war in München damals nicht einfach, weil die Cembalo-Professoren ständig wechselten. Trotzdem hat Skouras bei Hedwig Bilgram, Lars Ulrik Mortensen und Ketil Haugsand "letztlich doch gelernt, was ich lernen wollte".

Noch mehr Selbständigkeit erforderte das Hammerklavier-Studium. Mit seinem Cembalo-Lehrer Mortensen, der auch Hammerklavier unterrichtete, vereinbarte er einmal eine Stunde, spielte ihm ein Rossini-Stück vor. Lehrer und Schüler einigten sich jedoch recht schnell darauf, dass ihnen diese Art Musik nicht allzu sehr zusagte, und so blieb jene Hammerklavierstunde Skouras' einzige; später bildete er sich autodidaktisch weiter. Heute spielt er Cembalo, Hammerklavier und Klavier zu etwa gleichen Teilen und interessiert sich für beinah alles, was auf Tasten realisiert werden kann - vielleicht mit Ausnahme der französischen Impressionisten. Inzwischen hat er auch selbst einen Lehrauftrag an der Münchner Musikhochschule.

Zurück also zur - vermeintlich - grauen Theorie. Etwa in Bachs "Kunst der Fuge": Skouras ist seit seinem 13. Lebensjahr begeistert von diesem Werk. Anfangs, sagt er, habe er nicht viel davon verstanden, habe sich aber immer wieder damit beschäftigt - bis es ihm gelungen sei, den Menschen Bach aufzuspüren hinter all der kompositorischen Kunstfertigkeit. Einen Menschen, der sein Leben noch einmal "wie in einem komplexen Filmablauf zusammenfasst, im Wunsch, seinem Schöpfer gerecht geworden zu sein".

Genau diese Qualität der Musik ist es, die er weitergeben will auf dem Cembalo. Skouras findet es schade, dass Alte Musik oft noch als ein Fremdkörper empfunden wird, "der nur mit der Zange angefasst werden kann". Er empfiehlt, sich nicht allzu viel Sorgen zu machen um alt und neu, um fremd oder vertraut. Es genüge, schlicht nach der unmittelbar richtigen Art zu suchen, Musik klingend zu machen, egal ob es um Bach geht oder um Bernd Alois Zimmermann. "Es gibt da nichts Außergewöhnliches. Nur eines: ganz natürlich zu spielen, und ganz natürlich zuzuhören."

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