Jagdmesser-Attacke:Blutiges Nachspiel einer Hochzeitsfeier

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Ein Familienstreit endet mit einem beinahe tödlichen Messerstich - vor dem Schwurgericht in München findet nun der Prozess statt.

Alexander Krug

Selcuk K. ist gerade einmal 23 Jahre alt - und um ein Haar hätte er schon ein Menschenleben auf dem Gewissen. Denn das Jagdmesser, das er seinem Kontrahenten Ayhan K. in den Bauch rammte, traf nur durch besonders glückliche Umstände keine lebenswichtigen Organe.

(Foto: Foto: AP)

Mit dem blutigen Nachspiel einer türkischen Hochzeitsfeier muss sich seit Montag das Münchner Schwurgericht befassen. Die Anklage gegen Selcuk K. lautet auf versuchten Totschlag.

Bei der Hochzeitsfeier am 21. Juli vergangenen Jahres war es am Rande zu einem Streit gekommen, weil Selcuk K. sich bemüßigt fühlte, die Freundin seiner Freundin wegen deren Verhalten zu tadeln.

Die junge Frau hatte sich mit einem anderen Hochzeitsgast unterhalten und sich die Einmischung des Angeklagten verbeten. Selcuk K. gab ihr eine Ohrfeige, was wiederum die Verwandten der jungen Frau auf den Plan rief.

Es kam zu wüsten Beschimpfungen, und am nächsten Tag suchten sie den Angeklagten in seiner Wohnung in Neuperlach auf, um ihn zur Rede zu stellen. Der Anklage zufolge kam Selcuk K. bereits mit dem Jagdmesser in der Hand aus seiner Wohnung.

Nach weiteren Wortwechseln stieß er es dann Ayhan K. in den Bauch. Der brach zusammen, eine sofort veranlasste Notoperation konnte sein Leben jedoch retten.

Seit der Tat sitzt Selcuk K. in Untersuchungshaft und hatte dort viel Zeit, über sein Handeln nachzudenken. Er überlässt es aber lieber seinem Verteidiger Florian Ufer, eine Erklärung abzugeben.

Danach will er schon vor der Tat monatelang unter ,,psychischen Problemen'' gelitten haben. Diese führt er auf seinen Job bei einem Handyproduzenten als Nachtschichtarbeiter zurück.

Er sei mit der Belastung ,,nicht mehr klargekommen'', habe viel an Gewicht verloren und sei zunehmend ,,aggressiv'' geworden. Wegen ,,Kleinigkeiten'' sei er mit seiner Freundin in Streit geraten und habe sie angeschrieen. ,,Leider habe ich aber dem Vorschlag der Ärzte, mich in psychologische Behandlung zu begeben, nicht Folge geleistet'', erklärt er über sein Anwalt.

Der Streit auf der Hochzeitsfeier habe ihn aufgewühlt, und er habe sich Vorwürfe gemacht. Am nächsten Tag habe er laufend Anrufe von Ayhan K. bekommen, der ihn wegen der Ohrfeige übel beschimpft habe.

Als dann die Familie der Geohrfeigten vor der Tür stand, sei er in Panik geraten. ,,Ich habe schon von weitem mit dem Messer herumgefuchtelt, weil ich die Hoffnung hatte, dass mir dann nichts passiert und sie wieder weggehen würden.''

Ayhan K. sei jedoch immer weiter auf ihn zugekommen und habe zudem seine Mutter ,,schwer beleidigt''. In dieser Situation habe er dann zugestochen. ,,Ich wollte den Geschädigten aber auf keinen Fall umbringen. Hätte ich dies gewollt, hätte ich auch weiter auf ihn einstechen können.''

Die Familie von Ayhan K. ist naturgemäß nicht gut zu sprechen auf den Angeklagten. Ein Täter-Opfer-Ausgleich wurde bislang abgelehnt. 2000 Euro soll Selcuk K. bislang angeboten haben. Der Prozess ist auf vier Tage terminiert.

© SZ vom 17.4.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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