Isar:Das Dilemma mit Fluss und Kanal

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Weil die Kraftwerke Wasser brauchen, fehlt es der Isar.

Martin Thurau

Lange Jahre schwelte in München der Konflikt, der sogar das rot-grüne Rathaus-Bündnis vor eine Zerreißprobe stellte: Wie viel Wasser braucht die Isar, damit die Ökologie des Flusses stimmt, jetzt, da er mit viel Aufwand naturnah gestaltet wird.

Und wie viel Wasser, den großen Rest jedenfalls, dürfen die Stadtwerke an der südlichen Stadtgrenze in den Werkkanal ausleiten, an dem drei kleine Kraftwerke hängen? Ein echtes Umweltschutz-Dilemma, denn mehr Wasser in der Isar bedeutet weniger Wasser auf den Turbinen, also weniger Strom aus umweltfreundlicher Wasserkraft.

Erst wurde viel gestritten, dann begutachtet, später verhandelt. Schließlich der politische Kompromiss: Statt der bislang mindestens fünf sollten künftig wenigstens zwölf Kubikmeter pro Sekunde in der Isar fließen. Beide Seiten zeigten sich mit damit zufrieden: Umweltschutzreferent Joachim Lorenz sprach von einer "annehmbaren" Regelung, Stephan Schwarz, heute der für die Versorgung zuständige Mann bei den Stadtwerken, von der "richtigen Richtung".

Das war vor gut drei Jahren. Mittlerweile gilt die längste Isar-Strecke entlang des Werkkanals als renaturiert. Vor ein paar Wochen sind auch vor der Brudermühlbrücke die letzten Bagger abgezogen. Doch der längst ausgehandelte Restwasser-Kompromiss ist noch nicht umgesetzt. Und es sieht nicht so aus, als ob dies so bald geschehen könnte. "Derzeit ruht die Sache", räumt Schwarz ein.

Um nämlich die Wassermenge in der Isar zu erhöhen, müsste das Großhesseloher Wehr umgerüstet werden; das jedoch würde einige hunderttausend Euro kosten. Wenn aber, so Schwarz, der Energieversorger Eon, der weiter flussaufwärts ebenfalls Kraftwerke an einem parallelen Isarkanal bewirtschaftet, auch höhere Restwasser-Mengen in der Isar beließe, könne man sich die Umbauten am Wehr womöglich sparen.

Gespräche mit Eon laufen, bislang aber ohne greifbares Ergebnis. Dabei hat sich der Stromkonzern vor kurzem für sein Restwasser-Zugeständnis an die mittlere Isar flussabwärts von München feiern lassen. Dort bleiben im Sommer mindestens 21 Kubikmeter pro Sekunde.

In der mit viel Geld renaturierten Münchner Isar aber fließen weiterhin nur mindestens fünf Kubikmeter - ein Umstand, der vor ein paar Jahren noch die Ökologen zum Protest getrieben hätte. Heute, so meint zumindest Stadtwerke-Mann Schwarz, werde der Wert der Wasserkraft womöglich auch von Umweltbewussten höher eingeschätzt. Doch derzeit laufen die Turbinen am Werkkanal nicht mit voller Kraft - weil ihnen angesichts der Trockenheit Wasser fehlt.

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