Interview zu "(T)raumschiff Surprise":"Nicht jeder Schwule braucht eine Federboa"

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"Ich will nicht sehen, wie jemand den Lackarsch-Affen für Heteros macht", sagt Axel Hartmann, Chef des Münchner Gay-Lokals "Deutsche Eiche", über Michael "Bully" Herbigs tuntige Raumschiff-Enterprise-Parodie.

SZ: Herr Hartmann, zählen Sie schon die Tage bis zum Kinostart? Hartmann: Nein, sicher nicht. Um Gottes willen.

Mr. Spuck (Michael Bully Herbig, links) und Käpt'n Kork (Christian Tramitz) - zwei Schwule im All (Foto: Foto: Constantin Film)

SZ: Sie werden sich den Film nicht ansehen? Hartmann: Nein, das ist doch nur der Anfang eines großen Gespöttes, zumindest für die schwule Szene. Ich glaube nicht, dass Schwule es mögen, auf diese Art und Weise präsentiert zu werden. Das ist doch alles sehr, sehr überspitzt. Ich will nicht sehen, wie sich jemand eine Federboa in den Popo steckt und einen Lackarsch-Affen für Heteros macht. Das ist genau das, was ich in den Ausschnitten gesehen habe. Dagegen wehre ich mich.

SZ: Sie finden das nicht lustig? Hartmann: Natürlich nicht. Das ist alles so klischeehaft, wie es da präsentiert wird. Das stört mich massiv. Ich hasse Klischees. Ich hasse es, in Schubladen gesteckt zu werden. Ich hasse es zu sagen: Ein Schwuler benimmt sich so und so, und das ist typisch schwul.

SZ: Fühlen Sie sich als Schwuler durch diese Darstellung diskriminiert? Hartmann: Teilweise schon. Wir sind doch auch nur Menschen, egal wie wir uns verhalten, wie wir uns benehmen, wie wir sind. Man kann sich nicht über eine Minderheit so lustig machen, wie es in diesem Film geschieht. Ich finde es erschütternd. Gegen einen kleinen Gag oder eine typische schwule Bemerkung habe ich ja nichts einzuwenden. Aber einen Film nur auf dieses Schwule zu trimmen und zu versuchen, mit diesem schwulen Klischee Geld zu machen, da bin ich dagegen.

SZ: Ein ganzer Film also auf Kosten einer Randgruppe? Hartmann: So ist es. Eindeutig.

SZ: Die drei in "(T)raumschiff Surprise" spielen ja alle nur einen bestimmten Schwulentyp: die Tunte. Ledertypen und Normalos kommen nicht vor. Hartmann: Genau. Wir werden in eine Rolle gedrängt werden, die "typisch schwul", nämlich tuntig ist. Das entspricht einfach dem Klischee. Heteros denken offenbar, dass Schwule tuntig sein müssen, immer mit dem Arsch wackeln, den Dekolletee-Griff beherrschen - dass man es ihnen einfach ansieht und merkt. Aber die meisten Schwulen, vielleicht achtzig Prozent, sind ganz normal. Beim Christopher Street Day kann man sehen, wie gemischt die Szene ist.

SZ: Es gibt aber durchaus Schwule, die über Tunten im (T)raumschiff lachen können. Hartmann: Mag sein. Aber ich zähle mich nicht dazu.

SZ: Was halten Sie von dem Trend, dass immer mehr Schwule in Film und Fernsehen auftauchen? Hartmann: Klar, das finde ich gut. Das sind meistens auch relativ neutrale Personen, die sich keine Federboa um den Hals hängen. In dem Film "Der bewegte Mann" gibt es, glaube ich, nur zwei Leute, die sehr tuntig sind, alle anderen sind normal. Und so ist das schwule Leben.

SZ: Kann so ein Film, den ein Millionenpublikum sehen wird, vielleicht trotzdem die gesellschaftliche Akzeptanz von Schwulen verbessern? Hartmann: Könnte sein. Es gibt ja zwei Aspekte. Zum einen werden wir ins Lächerliche gezogen. Vielleicht gibt es aber auch eine positive Wendung: dass Leute, wenn sie Schwule treffen, sagen: Der ist ja gar nicht so, wie es in dem Film dargestellt worden ist. Es gibt auch normale Schwule.

Interview: Markus Zehentbauer

© SZ vom 14.7.2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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