Interview:"Wir brauchen mehr Geld für mehr Lehrer"

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Der bayrische SPD-Fraktionschef Franz Maget fordert eine Milliarde Euro für ein Bildungs-Sofortprogramm - und eine Debatte über die künftige Schulstruktur.

Ein Interview von Christine Burtscheidt

SZ: Die SPD forderte im Sommer 1000 zusätzliche Lehrer. Dass 800 Stellen fehlen, räumt nun auch das Kultusministerium ein. Sind Sie in Siegerlaune?

Franz Maget fordert eine Milliarde Euro für Bildungsprogramme. (Foto: Foto: dpa)

Maget: Wir haben bereits vor einem halben Jahr auf den Lehrermangel und den drohenden Unterrichtsausfall hingewiesen. Doch wie immer wurde die Opposition nicht ernst genommen. Man schlug unsere Argumente in den Wind und rechnete sich die Dinge schön. Jetzt steht die CSU vor einem bildungspolitischen Scherbenhaufen, den sie schnell zusammenkehren muss.

SZ: Was muss man tun?

Maget: Man muss ein Sofortprogramm für mehr Lehrer auf den Weg bringen, das natürlich Geld kostet. Wir haben immer gesagt, an der Bildung darf nicht gespart werden. Dieses Geld muss sich nun der Freistaat leisten, um den Unterrichtsausfall endlich zu beenden.

SZ: Sie fordern eine Milliarde Euro.

Maget: Schrittweise müssen von sofort an jedes Jahr 200 Millionen Euro zusätzlich eingesetzt werden. Was beim BSE-Sonderprogramm möglich war, muss jetzt auch für unsere Kinder gelten.

SZ: Die SPD will also Schulden?

Maget: Wer die Zukunft der Jugend sichern will, muss in Bildung investieren. Eine Haushaltspolitik muss immer mehrere Ziele verfolgen: Sparen ist so wichtig wie Arbeitsplätze schaffen und Investitionen in die Zukunft tätigen. Man darf sich nicht aus propagandistischen Gründen auf ein Ziel allein zu Lasten der Zukunft der Kinder beschränken.

SZ: Ist es mit Geld allein schon getan?

Maget: Aktuell brauchen wir mehr Geld. In aller Ruhe sollte man aber auch über die Frage der Schulstrukturen diskutieren. Bayern braucht einen bildungspolitischen Aufbruch.

SZ: Wollen Sie alte schulpolitische Schlachten wieder führen? Maget: Nein. Alle internationalen Untersuchungen zeigen keinen beweisbaren Vorteil für ein dreigliedriges oder integriertes System. Die Frage der Dreigliedrigkeit ist nicht der Schlüssel.

SZ: Ist das jetzt ein Seitenhieb gegen die eigene Bundesbildungsministerin?

Maget: Edelgard Bulmahn fordert eine längere gemeinsame Schulzeit. Damit sind auch wir einverstanden. Wir meinen eine sechsjährige gemeinsame Schulzeit ist richtig. Auch müssen wir ehrlich über die Zukunft der Hauptschule sprechen. Wir sind kein Gegner der Hauptschule. Ich fürchte nur, dass in diesem System die Hauptschule auf der Strecke bleibt.

SZ: Muss man sie deshalb abschaffen?

Maget: Wir schlagen eine Zusammenlegung von Haupt- und Realschule vor. Schon um die Durchlässigkeit zwischen diesen beiden Schultypen zu erhalten.

SZ: Damit werden viele Eltern und Lehrer nicht einverstanden sein.

Maget: Man muss Angebote machen. Man muss den Menschen zeigen, dass es Alternativen gibt. Gegen die Ganztagsschule gibt es auch kritische Stimmen. Aber sie wird durch ihre bloße Existenz überzeugen. Wir wollen sie ja nicht als Regelschule, sondern als flächendeckendes Angebot.

SZ: Die SPD hat eine Unterschriftenaktion gestartet. Soll sie in ein neues Volksbegehren für Bildung münden?

Maget: Ziel dieser Unterschriftensammlung und der Ermutigung zu Petitionen ist, auf die Missstände an den Schulen aufmerksam zu machen. Wir wollen dadurch den Druck auf die CSU erhöhen und schnell Verbesserungen erreichen. Wir planen aber zurzeit kein Volksbegehren. Rechtlich ist es gar nicht erlaubt, mehr Geld für "Bessere Bildung" zu verlangen. Und ein Volksbegehren über Schulstrukturen ist abwegig.

SZ: Werden Sie ein Volksbegehren unterstützen, das eine Rückkehr zum neunjährigen Gymnasium fordert?

Maget: Nein, ich glaube, dass das achtjährige Gymnasium eine mögliche Schulform ist. Sie kann funktionieren, wenn man sie konzeptionell gut vorbereitet, sie ausreichend mit finanziellen Mitteln ausstattet, die individuelle Förderung, die man versprochen hat, auch tatsächlich anbietet, und das Gymnasium in Ganztagsform anbietet.

SZ: Es reicht der SPD in Bayern also schon, wenn sie mal wieder Morgenluft schnuppert.

Maget: Die Opposition sagt schon seit Jahren, dass die bayerische Schulpolitik nicht in Ordnung ist. Das ist nur von der CSU immer frech geleugnet worden. Doch nun ist der Druck von unten so groß, dass sie nichts mehr leugnen kann.

SZ: Und die SPD kehrt nun zur Bildungspolitik zurück, von der sie sich seit dem Scheitern des Volksbegehrens gegen die R6 absentiert hatte.

Maget: Widerspruch! Die Kampagne "Auf Dauer schlauer, für mehr Ganztagsschulen in Bayern" wurde unmittelbar nach dem Volksbegehren als Antwort auf das schlechte Abschneiden bei Pisa gestartet. Die SPD war, ist und bleibt der bildungspolitische Reform-Motor in Bayern. Es hat nur immer gedauert, bis unsere Vorschläge auch von der Staatsregierung für richtig befunden wurden.

© SZ vom 18.12.2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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