Interview Peter Gauweiler:"Die Kritiker wurden mundtot gemacht"

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Peter Gauweiler über seine Rolle bei der Wehrmachts-Diskussion vor fünf Jahren.

Interview: Alfred Dürr

Er war der härteste Gegner der Ausstellung von 1997 in München: Peter Gauweiler, 53, zu der Zeit Chef der Münchner CSU. Er attackierte Macher und Inhalte der umstrittenen Veranstaltung und löste damit auch massive Gegenproteste aus. Der soeben in den Bundestag gewählte Peter Gauweiler über die damaligen Erfahrungen und die aktuelle Ausstellung.

Findet, dass man sich der neuen Veranstaltung entspannter nähern kann: Peter Gauweiler. (Foto: N/A)

SZ: Vor fünf Jahren haben Sie die Ausstellung scharf kritisiert - und heute? Gauweiler: Man kann sich der neuen Veranstaltung entspannter nähern. Schließlich wurde die ursprüngliche Ausstellung nicht nur überarbeitet, sondern geschlossen. Und Jan Philipp Reemtsma hat sich von den damals Verantwortlichen, darunter dem ehemaligen DKP-Aktivisten Hannes Heer, getrennt. Das ist immerhin etwas und hat der Kritik Wind aus den Segeln genommen.

SZ: Sie fühlen sich also voll und ganz mit Ihrem Protest bestätigt? Gauweiler: Was denn sonst? Der ursprüngliche Ansatz, dass eigentlich alle deutschen Soldaten der Wehrmacht in Russland in voller Absicht als Teil einer Mordmaschinerie gehandelt hätten, ist offensichtlich gegenstandslos. Mangelnde Differenzierung, tendenziöse Darstellung, unklares Bild- und Quellenmaterial - das waren schon 1997 die Hauptkritikpunkte. Nicht nur von mir, zum Beispiel auch von Altbundeskanzler Helmut Schmidt oder vom früheren Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker. Diese Kritik wurde durch die im Nachhinein von ausländischen Historikern festgestellten schweren Fehler sogar noch übertroffen. Eine der unguten Eigenheiten der Debatte von 1997 war auch noch, dass um die Veranstaltung eine Art antifaschistischer Schutzwall gelegt wurde, durch den jeder Kritiker mundtot gemacht werden sollte.

SZ: Der Streit ist in der Stadt massiv eskaliert, vor allem wegen Ihnen. Gauweiler: Nein. Die Eskalation in München begann, als das rot-grüne Bündnis die Ausstellung in den Rang eines kommunalen Staatsaktes erhob und sie partout nicht im Stadtmuseum, sondern im Rathaus zeigen wollte. Also genau die Veranstaltung, die heute auch nach Meinung der von Reemtsma selbst eingesetzten Expertenkommission als nirgendwo mehr vorzeigbar gilt.

SZ: War es nicht entscheidend, überhaupt einmal die Diskussion über die Rolle der Wehrmacht anzustoßen? Gauweiler: Was heißt hier "überhaupt einmal"? Die Diskussion über das Dritte Reich und den Zweiten Weltkrieg wird in Deutschland seit 50 Jahren geführt. Dazu brauchte niemand die Aussteller des Jahres 1997. Das ist das eine. Das andere war die Verwechslung von Ethik und Heuchelei, die deutsche Neigung zum Widerstand im Nachhinein und zum Pharisäerhaften. Das war mir im Umfeld der Ausstellung zu viel.

SZ: Ihr Vater war in der Wehrmacht, wie haben Sie sich mit ihm darüber auseinander gesetzt? Gauweiler: Zu allererst durch respektvolles Zuhören. Und nicht nur ihm. Zum Beispiel auch Franz Josef Strauß, der als junger Wehrmachtssoldat vor Stalingrad war. Ich hätte es gegenüber dieser Generation, die zum Teil zwei Weltkriege durchgestanden hat und der wir alle den Wiederaufbau verdanken, als unehrenhaft empfunden, wenn ich zu der Ausstellung geschwiegen hätte.

SZ: Sie haben damals Reemtsma nahe gelegt, lieber eine Schau über die Toten der Tabakindustrie zu veranstalten, als über die Wehrmacht. Bedauern Sie heute diese Aussage? Gauweiler: Man kann über jede polemische Erwiderung streiten, auch über meine. Aber abgesehen davon, dass selbst dieses Zitat entstellt und aus dem Zusammenhang gerissen wurde: Die unmissverständliche Ablehnung der damaligen Ausstellung war geboten. Und vergessen Sie nicht die einseitige Meinungsmache zugunsten der Aussteller in so vielen Medien, leider auch in der Süddeutschen Zeitung.

SZ: Die SZ hat keine Meinungsmache betrieben. Gauweiler: Wirklich nicht? Ihr damaliges Feuilleton hatte zum Beispiel die Heer'schen Manipulationen als "Brecht'sche List" verteidigt, was andererseits nicht einmal falsch war.

SZ: Sie werden sich die neue Ausstellung, die nun im Stadtmuseum gezeigt wird, anschauen? Gauweiler: Natürlich. Diesmal stellen sich die Verantwortlichen ja sogar der Diskussion mit ihren damaligen Kritikern. Das ist etwas ganz Neues.

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