Innere Sicherheit:Kinder-Demo gegen Neonazis

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Wenn die Münchner Polizei für Demonstrationen plant, bleibt für Unklarheiten kein Spielraum: Die Strategie lautet knackig "Deeskalation durch Stärke", und zugepackt wird "bei niedriger Einschreitschwelle". Aber was ist, wenn massenhaft Kinder mitmarschieren?

Von Christian Rost

Ob Sicherheitskonferenz oder Chaostage, ob Autonome oder Familien mit Kinderwagen demonstrieren - stets stehen mehrere tausend Beamte, gepanzert mit Hartplastik an der Uniform und Einsatzstock im Gürtel, parat, um die Stadt zu schützen.

Szenenbild aus dem Film "Sophie Scholl - die letzten Tage" mit Julia Jentsch. (Foto: Foto: AP)

Notfalls sperrt die Polizei dann auch hunderte Leute kurzerhand weg, wie bei der ersten großen Demonstration gegen die Sicherheitskonferenz 2002. Dieses Wegsperren heißt dann Gewahrsamnahme und nicht Haft, damit hinterher juristisch alles in Ordnung geht.

Doch wie wird die Polizei am 2. April vorgehen, wenn Neonazis in München aufmarschieren und sich Schulklassen dem entgegenstellen wollen? Mit Knüppel und markigen Sprüchen?

Wohl kaum, "da stehen uns ja die eigenen Kinder gegenüber", sagt ein leitender Beamter im Polizeipräsidium. Muskelspiele helfen hier nicht weiter.

Zurzeit läuft der Film "Sophie Scholl - die letzten Tage" in den Kinos. Etliche Schulklassen haben ihn schon gesehen, und gerade animiert von der Geschichte des mutigen Geschwisterpaares wollen viele Schüler nicht hinnehmen, dass München wieder Schauplatz rechtsextremer Aufmärsche wird.

Ein solcher ist für den 2. April angesetzt. Neonazis wollen vor dem 60. Jahrestag zum Kriegsende provozieren. Vor einer Versammlung auf der Theresienwiese will die braune Truppe auch noch durch die Stadt ziehen.

Einfach verboten werden kann der Aufmarsch nicht, weil er beim Kreisverwaltungsreferat ordnungsgemäß beantragt ist und sich die Rechten peinlich genau an die Vorgaben halten. Stichwort: Nazis in Nadelstreifen.

Immerhin konnte ein Rockkonzert mit Gruppen wie Blitzkrieg und Tobsucht untersagt werden. Auch wurde der Marienplatz als Versammlungsort verboten.

Schon in der Vergangenheit hatten die Münchner gegen die Neonazis demonstriert. Ohne massiven Polizeischutz hätten die meist nicht mehr als hundert Rechtsradikalen, die in ganz Deutschland mit Bussen eingesammelt und nach München gebracht wurden, kein Bein auf den Boden bekommen.

Ihnen entgegen gestellt haben sich auch zahlreiche Autonome, die behielt die Polizei mit kernigem Auftreten aber im Griff.

Diesmal ist man ob der großen Schüler-Schar, die unter den Gegendemonstranten erwartet wird, einigermaßen ratlos. Außer besonders gekennzeichneten Kontaktbeamten, die Gespräche suchen sollen, zur Deeskalation aufzubieten, ist der Polizei noch nicht viel eingefallen.

Offiziell haben die SPD, die PDS und der deutsche Gewerkschaftsbund ihren Protest angesagt. Sicher wird auch wieder Anti-Faschist Claus Schreer kommen, den die Neonazis um den inhaftierten Martin Wiese auf ihrer Hass-Liste stehen hatten.

Mit Schreer wenigstens kennt sich die Polizei aus. Den Altlinken hatte man schon mal während der Sicherheitskonferenz übers Wochenende weggesperrt.

© SZ vom 11.3.2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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