Hygieneskandal:Strafanzeige gegen Medizinfirma

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Instrumente mit gefälschten Zertifikaten: Auch auf der Wiesn-Wache wurden Instrumente ohne Zertifizierung verwendet. Jetzt warnt die Behörde.

Silke Lode

Bei der Sanitätsstation auf dem Oktoberfest sind im vergangenen Herbst unzertifizierte medizinische Instrumente zum Einsatz gekommen. Das Bayerische Rote Kreuz (BRK) hat in den Restbeständen der vom BRK betriebenen Wiesn-Wache Wundversorgungssets der Firma Batu Medical AG gefunden, die auf der Verpackung die CE-Kennzeichnung 4042 tragen. Diese Nummer verweist auf die Stelle, die das Zertifikat erteilt hat - allerdings gibt es keine Stelle, die diese Nummer verwendet. Das Bundesamt für Arzneimittel und Medizinprodukte bestätigte auf Anfrage der Süddeutschen Zeitung, dass die Kennnummer nicht in den Listen der EU-Kommission auftaucht.

Instrumente mit gefälschten Zertifikaten: Auch auf der Wiesn-Wache wurden Instrumente ohne Zertifizierung verwendet. Jetzt warnt die Behörde vor den Geräten. (Foto: oh)

In den Sets waren Scheren, Pinzetten, Tupfer und andere Einmalprodukte enthalten. Ob auch andere Kliniken, Praxen oder Rettungsdienste von Batu beliefert wurden, ist bislang unklar. Das Sozialministerium warnte landesweit vor potenziell gefährlichen Medizinprodukten der Firma. In der Warnung werden Anwender aufgefordert, die fraglichen Produkte bis auf weiteres auszusondern, da eine Gefährdung von Patienten nicht sicher ausgeschlossen werden könne. Das BRK stellt laut Sprecher Peter Behrbohm Strafantrag gegen Unbekannt und will seine Wundversorgungssets bei einem Uni-Institut auf Sterilität prüfen lassen.

Das Münchner Gesundheitsreferat (RGU) hat am Freitag Strafanzeige wegen des Verdachts auf Betrug, Urkundenfälschung sowie eines Verstoßes gegen das Medizinproduktegesetz erstattet. Batu hatte dem Referat Dokumente vorgelegt, die für die Herstellung und den Betrieb medizinischer Einwegprodukte nötig sind. Laut Gesundheitsreferent Joachim Lorenz gab es keine Zweifel an den Dokumenten: "Sollte sich nun herausstellen, dass es sich um gefälschte Zertifikate handelt, dann ist dieses Vorgehen an Dreistigkeit nicht mehr zu überbieten." Lorenz betonte, sein Amt sei nicht für die Kontrolle von Medizinprodukten zuständig. Die Regierung von Oberbayern schob die Verantwortung auf die Behörden in Niedersachsen, da Batu wohl über Hannover importiert habe.

Zu den Papieren, die dem Gesundheitsamt vorliegen, gehört auch ein Nachweis, laut dem Batu mit einer akkreditierten Zertifizierungsstelle zusammenarbeitet. Welche Stelle Batu hier angegeben hat, wollte das Referat wegen der Ermittlungen nicht sagen. Auf anderen Produkten, die Batu hergestellt haben soll, steht die Nummer des Instituts Medcert. Geschäftsführer Klaus-Dieter Ziel dementierte jedoch, dass sein Unternehmen Batu-Produkte zertifiziert hat. Batu nahm zu den Vorwürfen bisher keine Stellung.

Der Betrugsverdacht zieht inzwischen weite Kreise. In der europäischen Marktüberwachungsgruppe für Medizinprodukte hat die Schweiz potenziell gefälschte oder unrechtmäßig auf den Markt gebrachte Produkte im Zusammenhang mit dem Fall Batu gemeldet. In Deutschland koordiniert das Gewerbeaufsichtsamt Hannover die Untersuchungen, da die Batu Medical AG dort ansässig ist. Thomas Spieker, Sprecher des niedersächsischen Gesundheitsministeriums, sagte, der Fall werde mit höchster Priorität verfolgt, da es auch um Operationsbestecke gehe. "Da gilt Null Toleranz." Batu sei per Postzustellungsurkunde aufgefordert worden, bis zum 25. Februar Stellung zu nehmen.

© SZ vom 19.02.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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