Hochhausstreit:"Moderne Firmen wollen moderne Turmbauten"

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Große Nachfrage, viele Eigennutzer: Wie die Hochhaus-Befürworter das Argument vom Büro-Leerstand entkräften.

Von Alfred Dürr

Nicht nur Architekturfragen und Sichtachsenbeziehungen spielen beim bevorstehenden Bürgerentscheid über die weitere Hochhausplanung eine Rolle. Es geht in der Debatte auch um das Problem eines Büroraum-Überangebots in den Türmen. Man brauche die Hochhäuser nicht, sagt Alt-Oberbürgermeister Georg Kronawitter, weil man in München einen Rekord-Leerstand bei den Gewerbeimmobilien habe.

Der neue Siemens-Stadtteil (Foto: Foto: Siemens Real Estate)

Manche Investoren - wie etwa in der nördlichen Parkstadt Schwabing - verzichteten von sich aus auf die schnelle Realisierung bereits beschlossener Hochhausprojekte. Im 146 Meter "Uptown München" sei noch kein einziges Büro belegt. Was man jetzt brauche, seinen nicht noch mehr leere Büros in den Türmen, sondern mehr Wohnungen und mehr Arbeit für die Menschen.

Die Hochhaus-Gegner machten damit Stimmung gegen jeden Büroneubau, entgegnet Oberbürgermeister Christian Ude. Die Fraunhofer-Gesellschaft sei Eigennutzer ihres Turmes an der Garmischer Straße, genauso wie die Münchner Rück in ihrem Hochhaus im Norden der Stadt. Durch das neue Verwaltungszentrum der Telekom hinter dem Ostbahnhof würden tausend "zukunftsorientierte Arbeitsplätze in München gehalten. Das geplante Hochhaus des ADAC werde vom ersten Tag an voll belegt sein. In den einen Highlight-Turm an der Schenkendorfstraße ziehe der Unternehmensberater Roland Berger ein. Im Munich City Tower an der Donnersbergerbrücke sei bereits die Internetfirma Go Yellow. Und gegenüber die Mercedes Niederlassung im Hochhaus an der Arnulfstraße.

Bei den geplanten Projekten, die jetzt durch den Bürgerentscheid verhindert werden sollen, handele es sich um eigengenutzte Projekte: die Siemens-Türme in Mittersendling und die Konzernzentrale des Süddeutschen Verlags im Münchner Osten. In der Tat stehe bislang mit "Uptown München" am Georg-Brauchle-Ring nur ein einziges Hochhaus leer.

Täglich Führungen mit Interessenten

Birte Lindgens vom Uptown-Investor Hines Immobilien weist darauf hin, dass der Turm gerade erst im Innenausbau fertig gestellt worden sei: "Vorher hätten wir auch gar nicht vermieten könne." Jetzt gebe es täglich Führungen mit Interessenten. Noch in diesem Jahr rechnet man mit einem Vertragsabschluss im Turm. Die Basisgebäude seinen zum Großteil vermietet. Der Trend sei deutlich: Manche Firmen, die zum Teil noch im Umland angesiedelt seien, suchten eine repräsentative Stadtadresse. "Wir sind mit unseren Planungen wunderbar im Takt", so Birte Lindgens.

Der städtische Wirtschaftsreferent Reinhard Wieczorek warnt eindringlich davor, sich in der Stadtplanung ein "100-Meter-Höhenkorsett" anlegen zu lassen, wie es das Bürgerbegehren fordert: "Genau die modernen Turmbauten werden von modernen Unternehmen nachgefragt." Hochhäuser seien für Unternehmen auf vielfältige Art und Weise attraktiv. Man könne zum Beispiel über das Stadtgebiet verstreute Bürostandorte einer Firma zusammenführen und verfüge über moderne Infrastruktur. "Für das Image eines Unternehmens ist die Wahl des Hauses sehr wichtig. Man will ein Zeichen setzen", so Wieczorek.

Wenn man mit dem Argument, es gebe schon genügend Büroraum, Neubauten verbiete, sei das verfassungswidrig, sagt OB Christian Ude. Denn kein Grundstückseigner könne daran gehindert werden, sein Areal zu verwerten. Es gehe um eine grundsätzliche Weichenstellung: "Wollen wir Unternehmen mit zukunftssicheren Arbeitsplätzen gewinnen oder sagen wir leichtfertig, es macht uns nichts aus, wenn diese ins Umland ziehen oder in andere Städte?" Kein neuer Büroraum mehr? Das wäre für Ude eine "wirtschaftliche Totalbremsung" und ein fatales Signal: "In München geht nichts mehr."

© SZ vom 18.11.2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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