Herbert Riehl-Heyse-Preis:Der Kanzler und sein Tennisgegner

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Ein wichtiger Journalistenpreis, gewiss. Doch das war keineswegs der einzige Grund, warum Gerhard Schröder zur Verleihung gekommen war. Auch die Erinnerungen an manches harte Tennis-Match mit dem verstorbenen Journalisten führte den Kanzler nach München.

Von Christian Mayer

Von Berlin nach München zu fliegen ist ein Kinderspiel, vom Flughafen ins Zentrum zu gelangen kann zur Hindernisfahrt werden, sogar für einen Kanzler.

Der Journalist Stefan Geiger erhielt den Herbert-Riehl-Heyse-Preis. Die Witwe des verstorbenen SZ-Redakteurs, Gaby Riehl-Heyse, gratulierte. (Foto: Foto: dpa)

Um kurz vor halb acht steckt Gerhard Schröder mit seinem Tross im abendlichen Stau in der Ungererstraße fest, also muss sich das Publikum im Literaturhaus noch ein wenig gedulden. BMW-Vorstandschef Helmut Panke oder die bayerische Justizministerin Beate Merk bleiben gelassen sitzen, Journalisten wie Jürgen Leinemann (Spiegel), Sigmund Gottlieb (BR) oder Helmut Markwort (Focus) sind das Warten auf Regierungschefs ja gewohnt.

Gerade als sich die Festgäste die Beine vertreten wollen, eilt Schröder in den Saal. Wie gut gelaunt er ist, verrät seine Reaktion nach der Begrüßung durch SZ-Chefredakteur Hans Werner Kilz. "Ich war's nicht", begründet er die Verspätung mit dem Münchner Verkehrschaos: "Christian Ude, der Transrapid muss her!"

Dramen auf dem Tennisplatz

Dass der Kanzler auf Einladung der Süddeutschen Zeitung nach München gereist ist, hat auch einen persönlichen Grund. Sicher, es geht um einen Journalistenpreis, um einen nicht ganz unwichtigen sogar, der mit dem Namen des 2003 verstorbenen Herbert Riehl-Heyse verbunden ist.

Der Kanzler und der Reporter kannten sich von vielen Begegnungen bei Wahlkämpfen, Parteitagen oder Interviews. Die wahren Dramen zwischen ihnen spielten sich aber auf dem Tennisplatz ab. Und da, erzählt Schröder, habe der "Riehl", als Journalist für seine Fairness bekannt, auch mit unlauteren Methoden gekämpft.

"Wenn er jetzt aus dem Himmel zuschaut, würde er immer noch bestreiten, dass der ein oder andere Ball im Aus war." Klar, dass sich Schröder heute noch für den besseren Tennisspieler hält.

"Qualitätsjournalismus nicht zum Nulltarif"

Natürlich spricht der Kanzler auch über das Verhältnis von Macht und Medien, über die Verantwortung von Journalisten. Lustvoll weicht er aber immer wieder vom vorbereiteten Manuskript ab. Riehl-Heyse beschreibt er als "bayerischen Patrioten" und unabhängigen, manchmal spöttischen Beobachter des Politikbetriebs, der zur Selbstironie fähig war.

Einmal bekommt Schröder sogar Zwischenapplaus, als er die anwesenden Verleger im Saal daran erinnert, Redaktionsetats nicht weiter zu kürzen: "Qualitätsjournalismus ist nicht zum Nulltarif zu haben."

Diesen Satz würde Stefan Geiger, der für seinen im April 2004 erschienenen Essay "Eigentum verpflichtet" ausgezeichnet wird, bestimmt unterschreiben. "Solche Abende sind ja auch gefährlich. Sie verleiten dazu, sich allzu wichtig zu nehmen", sagt Geiger.

Und er fügt hinzu, dass es keine Selbstverständlichkeit sei, bei einem Medium arbeiten zu dürfen, das ihm Zeit und Freiheit zur Recherche lässt - nur so konnte er wochenlang für die Stuttgarter Zeitung den Mannesmann-Prozess beobachten und sich für seinen Artikel ein Bild von der "Casino-Mentalität" mancher Angeklagten machen.

Beim anschließenden Empfang begrüßt Schröder alte Bekannte wie den Autor Tilman Spengler oder den Karikaturisten Luis Murschetz. "Er war ja sehr entspannt", urteilt die Fotografin Herlinde Koelbl, eine Kanzler-Kennerin. Es ist eine für Münchner Verhältnisse ungewöhnliche Mischung aus Wirtschaftsmanagern, Politikern, Wissenschaftlern und Kulturleuten, die sich die Preisverleihung und den prominenten Festredner nicht entgehen lassen wollten.

Klassentreffen

Und so treffen Schauspieler wie Brigitte Hobmeier, Hans Kremer oder Hansi Well, Professoren wie Bruno Reichart, Peter von Seidlein oder Uwe Kiessler auf Unternehmer wie Paul Achleitner (Allianz), Jobst Kayser-Eichberg (Spaten), Albrecht Schmidt (HypoVereinsbank), Franz-Josef Kortüm (Webasto), Kurt Mühlhäuser (Stadtwerke) oder Ulrich Kowalewski (Mercedes). Für die Journalisten aus ganz Deutschland gleicht dieser Abend einem Klassentreffen.

Eine gelungene Premiere für den Herbert Riehl-Heyse-Preis, und für die Witwe des Namensgebers, Gabi Riehl-Heyse, eine besondere Freude. OB Christian Ude möchte übrigens die Schröder-Schelte an den Münchner Verkehrsverhältnissen nicht ganz gelten lassen. "Wenn der Kanzler das nächste Mal kommt, muss er die S-Bahn nehmen, dann ist er garantiert pünktlich."

Auf einen Blaulicht-Einsatz bei der Fahrt durch München hatte Schröder bewusst verzichtet - das hätte seinem alten Tennisgegner Herbert Riehl-Heyse, der eher auf leise Töne setzte, gewiss gefallen.

© SZ vom 29.04.2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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