Haushalt der Stadt:"Verhaltene Freude" über die Stadtfinanzen

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Rekordverschuldung und sinkende Investitionen - München wird 2005 gut fünf Milliarden Euro ausgeben. Doch Stadtkämmerer Ernst Wolowicz ist zufrieden.

Von Berthold Neff

Die Lage bleibt ernst, aber sie ist nicht mehr hoffnungslos: Diese Botschaft wird Stadtkämmerer Ernst Wolowicz heute verkünden, wenn der Stadtrat den Etat 2005 berät. Weil die Gewerbesteuer anzog, muss die Stadt im nächsten Jahr weniger neue Schulden machen als geplant, stößt aber dennoch an ihre Grenzen: Die Investitionen sinken 2005 um 14,4 Prozent.

Die Sanierung des Lenbachhauses steht auf der Kippe. (Foto: Foto: ddp)

Wolowicz, der am 1. Juli die Nachfolge von Klaus Jungfer antrat, präsentiert den Stadträten ein Zahlenwerk, das "Grund zu verhaltener Freude" bietet. Zugleich aber, so Wolowicz in seinem Lagebericht, sollte sich niemand "in falscher Sicherheit oder gar Euphorie wiegen".

München leide nach wie vor an einem "anhaltenden strukturellen Defizit". Die Stadt schafft es erneut nicht, die vorgeschriebene Mindestzuführung vom Verwaltungs- in den Vermögenshaushalt zu erwirtschaften (sie liegt für 2005 bei 84 Millionen Euro). Im Gegenteil: Die Stadt muss erneut 262 Millionen Euro aus ihrem Vermögen locker machen, damit der Haushalt von gut fünf Milliarden genehmigungsfähig wird.

Von Zinsen und Tilgung erdrückt

Hinzu kommt, dass die Stadt ihren Schuldenberg, der bereits 1991 auf 1,5 Milliarden Euro angewachsen war, weiter aufgetürmt hat. Ende 2005 werden die Schulden etwa 4,6 Milliarden Euro betragen, dreimal mehr als 1991. Nun läuft die Stadt Gefahr, von der Last aus Zins und Tilgung erdrückt zu werden. 2005 wird das Rathaus einen Schuldendienst in "noch nie dagewesener Höhe" von 285 Millionen Euro schultern müssen. Die Zinsbelastung wird sich nächstes Jahr im Vergleich zu 1991 auf 201 Millionen Euro mehr als verdoppeln.

Die Münchner Junge Union (JU) protestierte gestern bei einer Aktion auf dem Marienplatz gegen die Verschuldung und forderte: "Nun muss endlich gespart werden."

Dabei ist es keineswegs so, als hätte die Stadt nicht schon bei den ersten Anzeichen der Krise gespart. Vielmehr wurden durch die drei Haushaltssicherungskonzepte der Jahre 1994, 1997 und 2002 Einsparungen verwirklicht, die im Jahre 2006 stolze 690 Milliarden Euro erreichen werden.

Da aber die Gewerbesteuer 2002 drastisch einbrach und auch die anderen Steuereinnahmen nur tröpfelten, wurde das Defizit im Etat immer größer. Hinzu kam, dass die Stadt durch die Folgen der Deutschen Einheit von 1993 bis 2004 mit mehr als 900 Millionen Euro zur Kasse gebeten wurde.

Mehrbelastung durch Hartz IV

Derzeit ist es vor allem das Hartz-IV-Paket, das die Stadt vor unkalkulierbare Ausgaben stellt. Die Mehrbelastung durch Hartz IV beläuft sich nach jüngsten Schätzungen auf 111 Millionen Euro im Jahr.

Nach wie vor erhält die Stadt vom Freistaat nur unzureichenden Ersatz für das Personal der städtischen Schulen. Anstatt, wie in anderen Bundesländern üblich, die gesamten Personalkosten zu übernehmen, erstattet diese der Freistaat nur zu 42 Prozent, 170 Millionen Euro bleiben an der Stadt hängen.

Trotz all dieser Risiken will die Stadt auch in Zukunft "konsequent und mit hohem Aufwand am Weg der antizyklischen Finanzpolitik" (Wolowicz) festhalten. Mit den Schulden von heute würden Investitionen getätigt, von denen die nachfolgenden Generationen profitierten.

Da sich die Stadt aber nicht weiter in dieser Größenordnung verschulden kann, wird es spürbare Kürzungen bei diesen Investitionen geben. Aktuell stehen folgende Vorhaben auf der Kippe: Sanierung des Lenbachhauses und des Stadtmuseums, die neue Heimstätte für den Katastrophenschutz und der städtische Anteil bei einem Neubau des Krankenhauses Harlaching.

© SZ vom 6.10.2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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