Hauptbahnhof im Test (Teil 2):Zahnbürste gefunden

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Es ist ruhig am Hauptbahnhof kurz vor Mitternacht. Und es gibt eine Mission: Zahnbürste, Zeitschrift und etwas zum Verzehren. Doch wo bekommt man das - mitten in der Nacht - am Bahnhof?

Ingrid Schiller

Fast menschenleer ist es im Untergeschoss des Hauptbahnhofes, wo die Fährgäste der S- und U-Bahn ankommen. Tagsüber duftet es hier nach frischen Brötchen, wimmelt es vor Menschen, nun sitzen ein paar Zeitungsverkäufer an den Pfeilern, das Reinigungspersonal geht seiner Arbeit nach.

(Foto: Foto: Ingrid Schiller)

Bäckereien, Reformhaus, Mini-Markt - überall sind die Lichter aus und die Türen verschlossen. Etwas einkaufen im Untergeschoss - nicht möglich um kurz vor Mitternacht. Lediglich hinter dem Tresen einer Fastfoodkette wird noch gewerkelt, Burger und Pommes gehen über die Ladentheke. Punkt eins der Mission also erfüllt: Etwas zu essen haben wir gefunden, sofern man Fastfood mag.

Automaten - Die Rettung?

Doch die Suche nach Zahnbürste und Zeitschrift geht weiter. Auf den langen Wegen im Untergeschoss kann man leicht die Orientierung verlieren. Dann naht so etwas wie eine Rettung: Automaten - Rettung zumindest auf den ersten Blick. Süßigkeiten, Getränke und Eis sind hier zu humanen Preisen zu finden.

Der Kaffeeautomat hat nicht nur koffeinhaltigen Inhalt zu bieten, auch ein Süppchen zur Stärkung ist im Sortiment enthalten. Schnell zeigt sich jedoch: Für Mundhygiene ist nichts im Automaten.

Also, weiter geht es. Beim Eintreffen in der Empfangshalle des Hauptbahnhofs wird man von gedämpftem Licht empfangen. Das Bild des belebten Bahnhofs während des Tages, wird von einer fast geheimnisvollen Stille abgelöst. Absolute Ruhe auch vor den Bahnschaltern, denn die sind nur zwischen 6 und 22.45 Uhr geöffnet.

Vorbei an verriegelten Handy-Shops, an dunklen Zeitschriften- und Tabakläden, die spätestens um 23 Uhr schließen, und uns wird schnell klar: Auch hier werden wir nicht fündig. Die Mission Zeitschrift droht zu scheitern.

Kann man wirklich nur bei Tageslicht sowohl Zahnbürste als auch Zeitschrift und etwas zu essen am Hauptbahnhof finden? Das Bild des belebten Bahnhofs taucht in unseren Köpfen auf.

Reger Betrieb während der Mittagszeit in der Empfangshalle, die Verkaufsstände in der Ankunftshalle locken mit allem, was das Herz begehrt - von Äpfeln bis Pizza. Nachts - alles nur ein Traum?

"In der Zeit vom 0.30 Uhr bis 4 Uhr ist der Münchner Hauptbahnhof nur für Reisende geöffnet, die entweder mit einem sehr späten Zug ankommen oder bereits in den frühen Morgenstunden ihre Reise antreten möchten. Das Warenangebot entspricht in diesen Nachtstunden den Bedürfnissen der Kunden nach Proviant und Reisebedarf", erklärt Bahnsprecherin Bianca Piechaczek.

Also geben wir die Suche nicht auf. Und da, im letzten Winkel des Bahnhofs, am Ende der Futtermeile, wird es hell. Licht brennt. Hat sich hier etwa der Laden versteckt, der auch mitten in der Nacht alles bereitstellt, was man zum kurzzeitigen Überleben braucht? Es scheint so!

Versteckter 24-h-Laden

Schokolade, Nudeln, Toilettenpapier - alles gibt es hier, allerdings etwas teurer im Vergleich zu den Supermärkten an jeder Straßenecke. Für Vergessliche gibt es eine besondere Ecke: Weiß-blaue Souvenirs können hier noch eingekauft werden. Und endlich finden wir sie hier: die Zahnbürsten. In Reih und Glied stehen sie zwischen Shampoo und Schuhcreme. Mission erfüllt, Zahnbürste gefunden.

Doch auf eine Zeitschrift müssen wir nachts verzichten. Also: Lesen nein, Essen ja.

In der Haupthalle begegnen wir außerdem einer erweiterten Auswahl an Essensangeboten. Sandwich, Leberkäs-Semmel und Gebäckartikel schauen aus einem Kiosk entgegen. Perfekt! Mit Zahnbürste und Sandwich in der Tasche können wir nun die Heimreise antreten.

Einmal Schwangerschaftstest, bitte!

Doch was ist das für ein leuchtend roter Kasten inmitten der grauen Bahnhofslandschaft? Ein Automat: "Erste Hilfe 24 h" steht in großen Lettern darauf. Der Inhalt: Pflaster, Taschentücher, Kondome, ja sogar ein Schwangerschaftstest ist hier erhältlich. Doch nach einer Zahnbürste sucht man auch am Automaten vergeblich - "coming soon" lautet der dezente Hinweis beim Zahnbürstenfach. Egal, wir haben ja schon eine - und können nun endlich nach Hause fahren.

Noch ein paar Stunden, dann ist der Bahnhof wieder voll mit Menschen und die Läden sind geöffnet.

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