Hasenbergl: Förderung mit Montessori:Englisch im Kindergarten

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Vor 100 Jahren begründete Maria Montessori ihre Pädagogik. Ein Interview mit Michaela Cheema, Leiterin des Kinderhauses am Hasenbergl, über diese Art der Erziehung.

Carolin Pirich

Die Ärztin Maria Montessori eröffnete am 6. Januar 1907 in einem römischen Arbeiterviertel ihr erstes Kinderhaus und revolutionierte die Erziehungsarbeit: Nach dem Kernsatz "Hilf mir, es selbst zu tun" wurden hier die Kinder nach ihren eigenen Möglichkeiten gefördert. Michaela Cheema, 34, leitet das Internationale Montessori-Kinderhaus in der Wintersteinstraße im Hasenbergl. Ein Gespräch über die Montessori-Idee.

Michaela Cheema (Foto: Foto: oh)

SZ: Frau Cheema, was unterscheidet ein Montessori-Kinderhaus von anderen Kindergärten?

Cheema: Die Kinder werden sehr früh zur Selbständigkeit erzogen. Wir fördern sie individuell. Man holt ein Kind da ab, wo es gerade steht.

SZ: Wie finden Sie denn heraus, wo ein Kind gerade steht?

Cheema: Das merkt man schnell. Der Erzieher bereitet die Umgebung vor, und das Kind holt sich selbst das Material, mit dem es arbeiten will. Man sieht dann, wofür es sich interessiert und überlegt, wie man es noch besser fördern kann. Im Unterschied zu anderen Kindergärten wählt das Kind sein Material selbst.

Regeln und Disziplin

SZ: Nach Montessori sollen Kinder ohne Belohnung oder Strafe lernen. Wie sieht das in der Praxis aus?

Cheema: Man sollte bitte nicht an antiautoritäre Erziehung denken. Ein Kind kann nicht tun und lassen, was es gerade will, sondern es lernt Regeln und Disziplin, wie in jedem anderen Kindergarten auch. Aber das Kind wird erzogen, indem man ihm Anreize von außen bietet. Der eigene Erfolg soll das Kind belohnen.

SZ: Können Sie ein Beispiel nennen?

Cheema: Wenn ein Kind an einer Aufgabe arbeitet, kann es hinterher selbst überprüfen, ob es eine Sache richtig gemacht hat. So lernt es seine Stärken und Schwächen kennen.

SZ: Sie haben 1999 ihr Kinderhaus im Hasenbergl eröffnet. Wie kam es dazu?

Cheema: Meine eigene Tochter hat gute Erfahrungen mit Montessori gemacht. Ich dachte, man müsste Kindern auch in ärmeren Stadtteilen solch eine Möglichkeit geben.

Motivierter in die Schule

Maria Montessori (Foto: Foto: dpa)

SZ: Was lernen die Kinder bei Ihnen?

Cheema: Im schulischen Bereich lernen sie das Alphabet, Schreibschrift, den Zahlenraum bis 100. Wir bieten auch Englisch an. Die Kinder sind in der Schule dann motivierter, können ruhig sitzen und konzentriert arbeiten. Viele unserer Kinder haben später eine weiterführende Schule geschafft.

SZ: Aus welchen Familien kommen die Kinder zu Ihnen?

Cheema: Aus ganz verschiedenen Familien, von der alleinerziehenden Mama bis zur Großfamilie. Und wir haben viele verschiedene Nationen bei uns. Die Kinder lernen also auch, mit verschiedenen Mentalitäten umzugehen.

SZ: Was kostet ein Platz in Ihrem Kindergarten?

Cheema: Wir verlangen keine höheren Beträge als Regelkindergärten. Eltern können auch mitarbeiten und den Beitrag so mitfinanzieren.

Internationale Vollwertkost

SZ: Und was können die Eltern tun?

Cheema: Wir kochen jeden Tag vegetarische Vollwertkost für die Kinder. Dabei können die Eltern zum Beispiel auch mithelfen. Das Schöne daran ist auch, dass wir hier internationale Küche haben, je nach den Herkunftsländern der Mütter, die hier helfen.

SZ: Wie finanziert sich das Montessori-Kinderhaus?

Cheema: Wir werden für zum Beispiel Personal- und Raumkosten zwar mit 80 Prozent von Stadt und Staat bezuschusst. Vieles müssen wir aber selber finanzieren. Wir sind sehr glücklich über die Hilfe der Eltern und sind immer auf der Suche nach Sponsoren. Leider wird die Elternarbeit von 2008 an nicht mehr bezuschusst. Aber wir wünschen uns sehr, dass Hartz-IV-Empfänger weiterhin die Möglichkeit haben, uns zu unterstützen. Das haben wir zumindest beantragt. Wir werden sehen, was dabei herauskommt.

© Süddeutsche Zeitung vom 5.1.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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