Halbgötter in Weiß:Liebe am OP-Tisch

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Wenn sich eine Krankenschwester unsterblich in einen Arzt verliebt, ist sie hier genau richtig: Im Literaturhaus gibt es Arztromane zum Mitschmachten und ein charmantes Notfallteam.

Christina Maria Berr

Weiße Nylonstrümpfe in Birkenstockschuhen, eine Haube über blonden Haaren, ein sehnsuchtsvoller Blick - Notärztin Lisa weiß, wie sie Chirurg Thorsten beeindrucken kann. Beide sind auf Visite in der Salvatorklinik, zu der wurde das Literaturhaus am Mittwochabend umfunktioniert.

Notärztin Lisa Wagner hilft in Herzensangelegenheiten. (Foto: Foto: Lissy Mitterwallner / Literaturhaus)

"Als eine schöne Schwester falschen Liebesschwüren glaubte" heißt die Hommage an die Halbgötter in Weiß; die Schauspieler Lisa Wagner als Notärztin und Thorsten Krohn als Chirurg und Bergdoktor lesen aus Arztromanen vor. In den herzzerreißenden Texten wird viel geschmachtet, geschmunzelt und geseufzt. Im Publikum wird vor allem laut gelacht.

Auch Lisa Wagner kann sich kaum beherrschen. Sie hat das Publikum angesteckt. Es könnte chronisch werden. Der Bergdoktor, ganz ein Frauenversteher, legt ihr beruhigend den Arm auf die Schulter und blickt betroffen in die Runde. Schließlich ist das, was die beiden da vorlesen, durchaus dramatisch: Es geht um Flugzeugabstürze, Bergfeste und lange blonde Haare. Vor allem aber geht es um: Liebe.

I can help, meint das hinreißend komische Musik-Duo 'Unsere Lieblinge'. Wenn Sie etwas brauchen, klingeln sie mir, beruhigt Nachtschwester Marion Bösker vom Literaturhaus, die charmant-streng durch den Abend führt. Später wird sie noch Arztromanautorin Nicole Lacher outen.

Die ist nämlich - an diesem Abend passt jedes Klischee - tatsächlich mit einem Doktor verheiratet. Schon über 100 Romane hat sie in fünf Jahren geschrieben. In guten Zeiten braucht sie acht Tage für einen Roman, derzeit arbeitet sie wieder an einer neuen Schmachtfolge von Doktor Frank.

Das Doktor-Sommer-Geflirre aus den blauen Heften, sei durchaus wie im richtigen Medizinerleben, meint in der Pause eine Ärztin aus dem Publikum. In ihrer Klinik habe sich vor drei Wochen tatsächlich eine Krankenschwester in einen Pfleger verliebt, bis - ja bis - ein Oberarzt dazwischenfunkte. Ihre Freundin im OP-Gewand lacht.

Daneben füttert ein Doktor namens Frank, ein Herzspezialist, ("Mich kennt man in München") seine Frau mit Krapfen. Ein Chirurg unterhält vier Kolleginnen - sie begegneten sich beim Krampfadernentfernen - mit Ärztewitzen und Goethe-Zitaten. Ein Arzt im Praktikum, sonst ein Architekt, versucht seine Frau mit Mundschutz zu küssen.

Doch einer fehlt an diesem Abend: Werner Mang. Der Dauerpartygast ist nicht gekommen. Und das, obwohl man über den Schönheitschirurg durchaus Romane schreiben könnte. Vielleicht kommt er das nächste Mal, denn bei dem Abend in der Salvatorklinik ist es wie bei Klinikserien und Arztromanen: Man wünscht sich mehr davon. Viel mehr.

Links: Literaturhaus München Unsere Lieblinge

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