Graffity, Scratching, Ripping:MVG-Fahrgäste bezahlen Vandalismus

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Trauriger Rekord: Mehr als zwei Millionen Euro Schaden entstehen in öffentlichen Verkehrsmitteln jährlich durch Graffiti, aufgeschlitzte Sitze und zerkratzte Scheiben. Die Quittung zahlen die Fahrgäste.

Von Christoph Henn

Sie betreiben "Scratching", "Ripping" und "Spraying" und werden für die Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG) zunehmend zum Problem: Meist jugendliche Vandalen haben im vergangenen Jahr in den städtischen Bussen und Bahnen einen Rekordschaden von mehr als zwei Millionen Euro angerichtet.

Beschmiert und abgeschraubt: Die Erneuerung eines Sitzes kostet bis zu 300 Euro. (Foto: Foto: AP)

Dies entspricht einem Anstieg um 66 Prozent seit dem Jahr 2000. Die Quittung für die Zerstörungen zahlen die Fahrgäste: "Die rasante Zunahme der Vandalismus-Schäden ist mitverantwortlich für die aktuelle MVV-Tariferhöung", erklärt MVG-Sprecherin Bettina Hess.

Blinde Zerstörungswut

Längst sind es nicht mehr nur Graffiti-Sprayer, die der MVG zu schaffen machen. Immer öfter handeln die Täter aus blinder Zerstörungswut. Sie ritzen in Fensterscheiben (Scratching) oder zerschneiden Sitzpolster (Ripping) - mit teuren Folgen: "Je nach Schwere der Beschädigung kostet die Reinigung und Reparatur eines Sitzes zwischen 180 und 300 Euro", sagt Hess.

Nicht nur aus Rücksicht auf die Fahrgäste würden die Beschädigungen schnellstmöglich behoben; die MVG wolle auch so genannte Nachzieh-Effekte vermeiden: "Wenn schon alles verschmiert oder zerstört ist, ist die Motivation höher, einfach weiter zu machen."

U-Bahnen am stärksten betroffen

Besonders stark gewachsen ist laut Hess der Vandalismus im U-Bahn-Bereich. Seit 2000 sei die Schadenssumme in den Fahrzeugen um 92 Prozent und in den Bahnhöfen um 83 Prozent gestiegen.

Zwar wurden im vergangenen Jahr mit 333 Tätern so viele Vandalen überführt wie noch nie - unter anderem dank der "Koordinierungsgruppe Graffiti München", einem Gemeinschaftsprojekt von Polizei und Bundesgrenzschutz.

Dennoch schmälert dieser Erfolg die Kosten kaum: "Die Täter sind überwiegend Jugendliche", sagt Polizeisprecher Martin Winkler. "Da ist für die MVG meist nicht viel zu holen."

Vermehrter Einsatz von Kameras

Deshalb setzt das städtische Verkehrsunternehmen verstärkt auf Prävention. "Schäden, die nicht entstehen, tun keinem weh", sagt Hess. Für besonders abschreckend hält sie Kameras: "In den Bussen, wo die Videoüberwachung ausgebaut wurde, nahmen die Beschädigungen deutlich ab."

Die MVG will die Videoüberwachung weiter ausbauen. Zu den 570 Kameras in Bahnhöfen und Abstellanlagen sowie den 41 in Bussen sollen sukzessive weitere dazukommen. "Neue Fahrzeuge werden grundsätzlich zumindest für den Einsatz von Kameras vorbereitet", so Hess. Ob vorhandene Transportmittel nachgerüstet würden, sei noch nicht endgültig entschieden.

Zivilcourage erwünscht

Mehr Mithilfe wünscht sich die Verkehrsgesellschaft zudem von ihren Kunden. Den dramatischen Anstieg der Vandalismusschäden führen MVG wie Polizei auch auf eine Tendenz zum Wegschauen zurück: "Die soziale Kontrolle funktioniert immer weniger, während die Täter immer dreister werden."

Dabei erwarte man nicht, dass sich jemand in Gefahr bringt, indem er Vandalendirekt anspricht. "Es reicht, wenn derartige Vorfälle umgehend beim Personal gemeldet werden", sagt Hess. In dieser Hinsicht ist übrigens die Polizei ein großes Vorbild: Mehr als tausend Mal schritten Beamte im vergangenen Jahr außerhalb ihrer Dienstzeit bei Straftaten im öffentlichen Nahverkehr ein.

© SZ vom 2.4.2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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