Graffiti:Verunsicherte Szene

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Münchens Sprayer richten nicht mehr so viel Schaden an. Die Ermittler führen die Entwicklung auf ihre "intensiven Kontrollen" zurück.

Von Christian Rost

Nach Jahren des rasanten Anstiegs sinkt die Zahl von Graffiti-Anzeigen in München wieder. Die Koordinierungsgruppe Graffiti von Polizei und Bundesgrenzschutz - kurz "KoGra" - meldete für das vergangene Jahr 12.347 Fälle. Das bedeutet im Vergleich zum Vorjahr einen Rückgang bei den Anzeigen um 2,6 Prozent. Die Ermittler führen die Entwicklung auf ihre "intensiven Kontrollen" zurück, die die Täter abschreckten, sagte Oberkommissar Roland Steitz.

"Wir verunsichern damit die Szene nachhaltig." Sichtbar sei die Zurückhaltung der Sprayer auch an den gewählten Objekten: Während in den 90er Jahren noch großflächig gesprüht worden sei, so brächten die Täter ihre so genannten "Tags" heute aus Furcht vor einer Polizeistreife, die nicht selten in Zivil unterwegs ist, eher im Vorbeigehen und nur noch kleinformatig an.

Nach wie vor stellen aber Hauswände und publikumswirksame Orte wie S-Bahnhöfe und -Züge das vorrangige Ziel für Graffiti-Sprayer dar. Dabei entstand im Jahr 2003 in der Stadt ein Schaden in Höhe von rund 2,11 Millionen Euro. Weil die Sprayer aufgrund des Fahndungsdrucks von Polizei und Bundesgrenzschutz nicht mehr großflächig arbeiten können, verringerte sich die Gesamtschadens-Summe im Jahresvergleich um satte 38,12 Prozent.

Die Fahnder stellten fest, dass sich der harte Kern der Sprayer aus überwiegend Deutschen im Alter von 16 bis 19 Jahren rekrutiert. Fast alle der Ertappten sind männlich. Die Graffiti-Szene in München bilden etwa 2000 Leute, von denen die Polizei eigenen Angaben zufolge mindestens 1700 kennt. Doch was treibt die Sprayer an?

"Gruppendynamik, Aggression gegen die Gesellschaft und Suche nach Anerkennung" sind nur einige Motive, die Roland Steitz nennt. Das Problem für die Polizei ist: Obwohl es an der Tumblingerstraße und der Brudermühlbrücke offiziell genehmigte Sprühflächen gibt, wählen die Täter noch immer in den meisten Fällen verbotene Orte. Grund dafür sei, so Steitz, dass sich ein Täter in der Szene nur mit illegalen Aktionen einen "Ruf" verschaffen kann.

In etlichen Fällen haben Graffiti-Sprayer ihre illegale Kunst bitter bereut. Staatsanwältin Cornelie Braun rechnete vor, dass die Schadenersatzansprüche für die Sprayer "existenzbedrohende Ausmaße" annehmen können. Täter im Alter von 14 Jahren aufwärts müssten für den angerichteten Schaden in der Regel selbst gerade stehen - und nicht etwa die Eltern.

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