Giftiger Feinstaub:In München stinkt es krebserregend

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Die Landshuter Allee ist bundesweit Spitze bei giftigem Feinstaub. Jeden dritten Tag wird die EU-Norm überschritten - der Luftreinhalteplan greift schon jetzt nicht mehr.

Von Dominik Hutter

Höchstens 50 Mikrogramm Feinstaub pro Kubikmeter darf die Luft enthalten, so schreibt es die auf Betreiben der EU eingeführte Verordnung vor. Die Münchner Realität allerdings sieht anders aus - selbst am weniger belasteten Stadtrand. Am Rosenmontag etwa, dem bisher schlimmsten Schadstoff-Tag, konnte an keinem einzigen der sechs Münchner Messpunkte das Limit eingehalten werden.

Der Straßenverkehr ist eine der Hauptursachen für die hohe Feinstaub-Belastung. Nirgendwo in Deutschland werden die verschärften EU-Grenzwerte so oft überschritten wie in München. (Foto: Foto: ddp)

96 Mikrogramm des krebserregenden Feinstaubs meldete der Tages-Spitzenreiter Prinzregentenstraße, es folgten der Luise-Kiesselbach-Platz mit 95 sowie Stachus und Landshuter Allee mit jeweils 93. An der Lothstraße waren es noch 72 Mikrogramm, in Johanneskirchen 69.

"Dabei war die Wetterlage in diesem Jahr relativ günstig", berichtet Umweltschutzreferent Joachim Lorenz. An der Landshuter Allee hat es dennoch schon für 14 Überschreitungen im noch jungen Jahr gereicht - etwa alle drei Tage also.

MVV-Ausbau und Parkraumbewirtschaftung

Noch extremer wird es, wenn von 2010 an auch für Stickstoffdioxid verschärfte Grenzwerte gelten. "Da hätten wir die Jahresgrenze schon jetzt fast erreicht", weiß Lorenz. Dass auch die Feinstaub-Marke bald geknackt wird, gilt als sicher. Grünen-Stadtrat Jens Mühlhaus rechnet damit im April oder Mai.

Dann müsste eigentlich allerspätestens etwas unternommen werden. Nur: Der zu diesem Zweck entworfene Luftreinhalteplan enthält ausschließlich längerfristige Maßnahmen à la MVV-Ausbau und Parkraumbewirtschaftung.

Schnell wirkende Schadstoff-Killer sind nicht vorgesehen. Die von der Stadt vorgeschlagenen Zufahrtsbeschränkungen für Lastwagen hat die Regierung von Oberbayern wieder aus dem Katalog gestrichen.

Umweltschutzreferent Joachim Lorenz fordert nun, zumindest für die rasche Verbreitung von Dieselrußfiltern zu sorgen. Allerdings habe sich der Freistaat in der aktuellen Berliner Debatte über die steuerliche Förderung von Rußfiltern wenig kooperativ gezeigt.

Auch SPD-Stadtrat Thomas Lange hält die Schadstoff-Bekämpfung an der Quelle für die einzig sinnvolle Lösung. "Es ist nicht sehr geschickt, erst die Luft zu verpesten, um sie anschließend irgendwie wieder reinigen zu müssen."

Lorenz hofft aber noch auf die Rückkehr der einst vorgeschlagenen Restriktionen für Lkw, deren Dieselmotoren besonders viel Feinstaub in die Luft blasen. Zumindest den überörtlichen Durchfahrtsverkehr müsse man aus der Stadt aussperren, verbunden mit Park- oder Zufahrtsbegünstigungen für schadstoffarme Fahrzeuge.

Grünen-Verkehrsexperte Mühlhaus geht das allerdings nicht weit genug. Wirkungsvoller seien drastischere Maßnahmen wie etwa Zufahrtsverbote für Diesel-Fahrzeuge ohne Rußfilter oder die Schaffung einer "Umweltzone", in der überhaupt nur noch schadstoffarme Autos rollen dürfen.

Und natürlich die City-Maut, das wohl umstrittenste Projekt. "Der jetzige Luftreinhalteplan reicht ja nicht einmal aus, um den Status Quo zu halten."

Fahrverbot auf dem Brenner denkbar

Unklar ist, wie die EU auf die massenhaften Überschreitungen der Grenzwerte reagieren wird. Lorenz rechnet zumindest in diesem Jahr noch mit Milde - auf Dauer aber werde Brüssel diesen Zustand wohl nicht hinnehmen. "Schließlich sind die Grenzwerte sehr sorgfältig und sinnvoll gewählt."

Möglicherweise sprechen auch noch die Gerichte ein Wörtchen mit, entsprechende Klagen von Umweltverbänden sind in Vorbereitung. Fahrverbote will man in München aber tunlichst vermeiden - auch wenn diverse Luftreinhaltepläne etwa in Italien dies vorsehen. In Bozen, das wegen seiner Talkessellage besonders schlimme Schadstoffwerte hat, ist nicht einmal die Brenner-Autobahn tabu.

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