Gewinner:Die Münchner für Berlin

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Sie haben ein Direktmandat gewonnen oder ziehen über die Liste in den Bundestag ein - nur einer wackelt.

Johannes Singhammer (CSU) ist sehr einsilbig geworden, als das schlechte Landesergebnis der CSU sich verfestigte. Denn nur zwei Plätze auf der CSU-Landesliste haben sich als sicher erwiesen, und die gehören Ministerpräsident Edmund Stoiber und Innenminister Günther Beckstein.

Johannes Singhammer (CSU) (Foto: Foto: AP)

Für Singhammer bedeutet das zunächst: Er hat nicht nur zum dritten Mal hintereinander seinen Wahlkreis im Münchner Norden verloren, sonder er ist vielleicht ganz draußen aus dem Bundestag: "Das hätte ich nicht für möglich gehalten", sagt er und fügt hörbar geschockt hinzu: "Politik ist eben eine Tätigkeit mit wenig Sicherheiten."

Doch der Politik hat sich der 52-jährige Vater von sechs Kindern seit seiner Jugend verschrieben. Der gelernte Jurist war einst München-Chef der Jungen Union, arbeitete als freistaatlicher Ministerialbeamter und zog 1990 in den Bundestag ein. Dort brachte er es zum wirtschafts- und arbeitsmarktpolitischen Sprecher der CSU-Landesgruppe und immerhin auf den bisher als bombensicher geltenden Platz sieben der CSU-Landesliste.

Doch nun droht dem einstigen Chef der Münchner Christsozialen, der von 1999 bis 2003 vergeblich versucht hatte, den als Intrigantenstadl verschrienen CSU-Bezirksverband zu befrieden, das Ende seiner politischen Karriere. Seine Zukunft hängt davon ab, ob die Parteigranden Stoiber und Beckstein ihre Bundestagsmandate auch annehmen. Dass beide nach Berlin gehen, gilt innerhalb der CSU jedoch als unwahrscheinlich. Bleibt mindestens einer von ihnen in Bayern, würde Singhammer doch noch in den Bundestag nachrücken.

Herbert Frankenhauser (CSU) ist politisches Urgestein. Der Sprecher der Münchner CSU-Abgeordneten gehört dem Bundestag seit 1990 an und sitzt im wichtigen Haushaltsausschuss. Der gelernte Industriekaufmann, der in diesem Sommer seinen 60. Geburtstag feierte, war von 1972 bis 1991 CSU-Stadtrat. Diese Zeit hat er in bester Erinnerung - auch deshalb, weil er als "Wiesn-Stadtrat" für das größte Bier-Fest der Welt zuständig war. Heute ist der Berti, wie ihn in seinem unangefochten gewonnenen Wahlkreis im Münchner Osten alle nennen, Präsident des Deutschen Instituts für reines Bier.

Peter Gauweiler (CSU) ist trotz seiner 56 Jahre der Frischling unter den Münchner CSU-Abgeordneten, denn er kam erst 2002 in den Bundestag. Dort ist er Vize- Vorsitzender im Ausschuss für Kultur und Medien. Das hinderte den emsigen Rechtsanwalt und Kolumnisten der Bild-Zeitung nicht daran, Berlin oft fern zu bleiben. Gauweiler war schon vieles: Stadtrat, Kreisverwaltungsreferent, Landtagsabgeordneter und Staatssekretär und sogar Minister, bis ihn Edmund Stoiber 1994 entließ. Zuletzt machte der Vater von vier Kindern als Gegner des Irak-Kriegs von sich reden.

Jerzy Montag (Grüne) hätte gut in den Bonner Plenarsaal gepasst, wo die neuen Mikrofone oft ausfielen, denn seine Stimme braucht keine Verstärker. Der 58 Jahre alte, in Kattowitz geborene und in Mannheim aufgewachsene Jurist (Fachanwalt für Strafrecht) wurde 2002 erstmals in den Bundestag gewählt. Im Visa-Ausschuss sprang er seinem bedrängten Außenminister Joschka Fischer zur Seite. Montag ist der rechtspolitische Sprecher der Grünen-Fraktion.

Peter Gauweiler (CSU) (Foto: Foto: ddp)

Axel Berg (SPD) bleibt der erfolgreiche Exot unter Bayerns Sozialdemokraten. Der 46-jährige Jurist eroberte zum dritten Mal hintereinander seinen Wahlkreis im Münchner Norden - ein Kunststück, an dem sich alle anderen Direktkandidaten der Bayern-SPD auch diesmal vergeblich versuchten.

Der ehemalige Skirennläufer macht sich vor allem für erneuerbare Energien stark, neigt aber auch dazu, die eigenen Genossen bisweilen zu schocken. Das von seiner SPD verteufelte Steuerkonzept des CDU-Finanzministerkandidaten Paul Kirchhof etwa erklärte der SPD-Mann Berg mitten im Wahlkampf für "durchaus nachdenkenswert".

Hans-Peter Uhl (CSU) ist zwar fünf Jahre älter als Gauweiler, war aber als Kreisverwaltungsreferent dessen Nachfolger. 1998 wollte Uhl, wie einst auch Gauweiler, sogar Oberbürgermeister werden, schmiss die Kandidatur aber, als die Partei ihm den Chefposten des Bezirksverbands verweigerte. Im Bundestag stand der 61-Jährige als Vorsitzender des Visa-Untersuchungsausschusses im Blickpunkt der Öffentlichkeit.

Rainer Stinner (FDP) hatte auch schon mal den Ehrgeiz, in München Oberbürgermeister zu werden. 1999 verfehlte er dieses Ziel zwar, so dass er weiterhin als Unternehmensberater arbeiten konnte. Der 58 Jahre alte Betriebswirt hatte bei der Marine gedient und vor seiner Karriere als Unternehmensberater kurze Zeit auch an der Hochschule der Bundeswehr als Lehrbeauftragter gewirkt. Vor drei Jahren wurde er erstmals in den Bundestag gewählt, 2004 übernahm er den Vorsitz der Münchner FDP. Von einer Ampelkoalition mit SPD und Grünen hält Stinner nichts: "Eher gewinnt die SPD die absolute Mehrheit als Gerhard Schröder meine Stimme."

© SZ vom 20.09.2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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