Geständnis erwartet:Sieben Millionen Euro im Kofferraum

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Genau 16 Tage dauerte die Flucht des mutmaßlichen Fürstenfeldbrucker Millionendiebes Ingo Spitz, am Sonntag um 16.35 Uhr haben in einem Straßencafé in der kroatischen Hafenstadt Zadar die Handschellen geklickt.

Thomas Soyer

Der verdutzte 39-Jährige ließ sich von kroatischen und deutschen Kripobeamten ohne Widerstand festnehmen und führte sie zu einem nahen Ferienhaus. Dort in der Garage lagen nahezu die kompletten 7,2 Millionen Euro Diebesbeute - gestapelt im Fluchtfahrzeug. Die 40 Säcke mit vorwiegend kleinen Geldscheinen, insgesamt gut 230Kilogramm schwer und gestohlen am Freitag, 7.Oktober, aus dem Haupttresor der Sparkasse Fürstenfeldbruck, waren seit der Tat im Kofferraum deponiert.

Wie die Fahnder dem flüchtigen Geldboten auf die Spur kamen, wollte Michael Haber, der Sprecher der Polizeidirektion Fürstenfeldbruck, nicht sagen. Die Zielfahnder des Landeskriminalamts und die Sonderermittler der Brucker Kripo hätten Hinweise darauf gehabt, dass sich der Mann in Zadar aufhielt. Am vergangenen Dienstag sei das Rechtshilfeersuchen an die kroatischen Behörden ergangen. Haber schwärmte von der Zusammenarbeit mit Interpol Zagreb und der Kripo in Zadar.

Detektivleistung des Kellners

Bei der Suche in Zadar - einer Stadt mit 90000 Einwohnern an der Adria - half dann noch der Zufall. Zwei Fürstenfeldbrucker Kripobeamte und ihre kroatischen Kollegen verbreiteten ein Fahndungsfoto in örtlichen Medien und zeigten das Bild in Herbergsbetrieben, Bars und Cafés. Ein Kellner erkannte am Sonntag den gesuchten Gast wieder und gab nach Aussage der Fürstenfeldbrucker Kripo "den entscheidenden Tipp". Wobei Polizeisprecher Haber die Detektivleistung des Kellners für herausragend hält - immerhin habe sich der Gesuchte äußerlich stark verändert, trage keinen Bart mehr und sehr kurze Haare. Nach einer kurzen "örtlichen Fahndung" sei dann die Festnahme geglückt.

Die Auslieferung des mutmaßlichen Millionendiebes mitsamt der Beute und dem Fluchtfahrzeug ist bereits beantragt, die deutschen Behörden haben Anhaltspunkte dafür, dass das recht zügig und reibungslos über die Bühne gehen könnte: Immerhin pflegen Zadar und Fürstenfeldbruck seit Oktober 1989 als offizielle Partnerstädte einen guten Kontakt. Ob der Sparkassen-Millionendieb von dieser Verbindung wusste, konnten die Fürstenfeldbrucker Ermittler bis gestern Nachmittag nicht bestätigen, sie quittierten es aber mit einigem Amüsement: Ingo Spitz, ehedem Angestellter der DDR-Volkspolizei und zuletzt Filialleiter einer Werttransportfirma in Bruck, hätte sich auf dem ganzen Balkan kaum einen schlechteren Fluchtort aussuchen können.

Ein Geständnis lag den Ermittlern bis gestern Nachmittag noch nicht vor, allerdings kannte die deutsche Polizei da die Resultate der Vernehmungen durch ihre kroatischen Kollegen vom Montagvormittag noch nicht. Die beiden Fürstenfeldbrucker Ermittler auf Adria-Dienstreise sollten anschließend Gelegenheit zu einer eigenen Vernehmung erhalten. Die Polizei betrachtet den Tatverdächtigen als überführt, zumal bis auf wenig Geld, das der Finanzierung der Flucht diente, die Beute komplett in seinem Privatauto gefunden wurde. Am Wagen war immer noch das Fürstenfeldbrucker Kennzeichen montiert, mit dem Ingo Spitz weltweit zur Fahndung ausgeschrieben worden war.

Spitz, über dessen Motive bisher noch nichts bekannt ist, hatte bei seiner Flucht auch seine Ehefrau und seine drei Kinder (ein, sieben und siebzehn Jahre alt) im Landkreis Fürstenfeldbruck zurückgelassen. Die hatten offenbar nichts von der Tat geahnt und auch ein Verbrechen an dem 39-Jährigen nicht ausgeschlossen. Die Nachricht von der Festnahme des Familienvaters als dringend Verdächtigem sei "ein Schock" für die Familie gewesen, die Ehefrau habe gestern um Betreuung durch die Brucker Kripo gebeten und diese auch erhalten. "Für eine Mitwisserschaft gibt es nicht die geringsten Anhaltspunkte", heißt es dazu von der Polizei. "Die Familie war ausgesprochen kooperativ."

Dem Verhafteten droht nun in Deutschland eine Haftstrafe bis zu zehn Jahren, ihm wird ein "besonders schwerer Fall des Diebstahls" vorgeworfen. Der kroatische Kellner erhält für seinen entscheidenden Tipp nun bis zu 35000 Euro Belohnung von der Versicherung des geprellten Werttransportunternehmens. Wäre die Festnahme erst morgen erfolgt, hätte die Versicherung die Belohnung sogar auf 100000 Euro erhöht.

© SZ vom 25.10.2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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