Geschichte:Vertreibung und Wiederkehr

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Schon im Mittelalter lebten Juden in München - doch im 15. Jahrhundert wurden sie zum ersten Mal aus der Stadt vertrieben. Ein Überblick über die Geschichte jüdischen Lebens an der Isar.

Zum ersten Mal lässt sich jüdisches Leben in München für das Jahr 1229 nachweisen. 1442 wurden die Juden aus München und ganz Oberbayern vertrieben. Danach kamen erst im 18. Jahrhundert wieder Juden nach München und siedelten sich in der Stadt an. Nach und nach verbesserte sich deren Stellung - auch unter dem Einfluss der Französischen Revolution. 1816 wurde ihnen erlaubt, einen Friedhof anzulegen.

Auf Wunsch Ludwig II. gebaut: Die einstige Hauptsynagoge in der Stadtmitte. (Foto: Foto: Jüdisches Zentrum)

Der Bau einer Synagoge am Stadtrand im Jahr 1824 jedoch erfolgte unter Zwang: Nach Ansicht der Behörden fanden in den über das Stadtgebiet verstreuten privaten Beträumen unkontrollierbare "Winkelzusammenkünfte" statt. Durch den Bau in der heutigen Westenriederstaße sollten zum einen diese Beträume abgelöst werden, zum anderen wurde so ein repräsentativer Bau in der Innenstadt verhindert.

Hoffnung auf Integration

Einen solchen sollte es erst knapp 60 Jahre später geben: Durch König Ludwig II bekam die jüdische Gemeinde 1882 ein Grundstück gegenüber der Maxburg. Im September 1887 wurde die Hauptsynagoge an der Herzog-Max-Straße eingeweiht.

Diese Synagoge war damals die drittgrößte in ganz Deutschland. Durch den großen, von Albert Schmidt gestalteten und im Zentrum gelegenen Bau erlangte die jüdische Gemeinde Münchens neues Selbstbewusstsein, die Hoffnung auf eine Integration erwachte, dokumentierte das Gebäude doch die religiöse Akzeptanz und die Bedeutung der Juden im gesellschaftlichen und politischen Leben der Stadt.

1910 gehörten zwei Prozent der Münchner dem jüdischen Glauben an, was 11.083 von etwa 590.000 Einwohnern entspricht. Persönlichkeiten wie Lion Feuchtwanger, Bruno Walter, Hermann Levi, Max Reinhardt, Julius Spanier, Max Littmann, Otto Bernheimer, Kurt Eisner und viele mehr lebten in München.

Schon in den 20er Jahren allerdings wurde das Leben für die Juden in München immer schwieriger. Polnischstämmige Juden wurden ausgewiesen, es kam zu ersten Übergriffen gegen jüdische Geschäfte und gegen Juden.

Nicht die Zeit für Jubiläen

Die Situation verschlimmerte sich in den 30er Jahren weiter, 1933 folgten Pogrome und weitere Diskriminierungen. In der Festschrift zum 50jährigen Bestehen der Hauptsynagoge heißt es deshalb: "Die 50. Wiederkehr dieses Tages festlich zu begehen, ist heute nicht die Zeit".

Ein Dreivierteljahr später gab es die Synagoge nicht mehr: Hitler persönlich gab den Befehl zum Abriss, noch vor der Reichspogromnacht im November. Am 9. Juni 1938 endete das jüdische Gemeindeleben in der Herzog-Max-Straße. Die Kosten für den Abriss hatte die Jüdische Gemeinde zu tragen.

In der Reichspogromnacht schließlich wurden auch die Synagogen in der Herzog-Rudolf-Straße und in der Reichenbachstraße zerstört. Es folgte die Deportation und Ermordung der Juden Münchens. Am 30. April 1945 lebten lediglich 84 Juden in der Stadt.

Die Rückkehr jüdischen Lebens nach München

Am 19. Juli 1945 wurde die Israelitische Kultusgemeinde neu gegründet, und schon im März 1946 gehörten der Jüdischen Gemeinde wieder etwa 2.800 Mitglieder an. Am 20. Mai 1947 wurde die wiederhergestellte Synagoge in der Reichenbachstraße 27, bis heute die Hauptsynagoge, eingeweiht. Durch die starke Zuwanderung aus der ehemaligen Sowjetunion in den 90er Jahren stieg die Mitgliederzahl der Jüdischen Gemeinde auf rund 8000.

Zur Gemeinde gehören drei Synagogen, eine Betstube, zwei rituelle Tauchbäder, zwei Friedhöfe, eine Grundschule, eine Kindertagesstätte, ein Jugend- und Kulturzentrum, ein koscheres Restaurant, eine koschere Metzgerei und weitere Einrichtungen meist sozialer Natur.

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