Gerüstet für den neuen Ladenschluss:"Der lange Samstag wird ein Knüller"

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Alles ist auf diesen Tag vorbereitet. Angst haben sie nur vor Fußball und zu viel Sonne. Von diesem Wochenende an können auch die Münchner am Samstag bis zum Abend shoppen gehen.

Martin Hammer

(SZ vom 06.06.2003) — Nur Rudi und Annika könnten die erfolgreiche Premiere des von der Bundesregierung genehmigten langen Samstags jetzt noch gefährden: Rudi Völler, der am Samstagnachmittag sein Team gegen Schottland auflaufen lässt, und das Hochdruckgebiet Annika, das Temperaturen bis zu 30 Grad bringen soll.

Für den Massenandrang gerüstet: Ab diesen Samstag kann man shoppen bis zum umfallen. (Foto: AP)

Viele Kunden, so fürchten die Händler, verbringen den Nachmittag dann lieber vor dem Fernseher oder am Baggersee, anstatt in den Geschäften Geld auszugeben. Doch selbst bei Sonnenschein, so Robert Anslinger, Geschäftsführer von Hertie am Bahnhof, "erwarten wir ein Umsatzplus durch die zusätzlichen Verkaufsstunden". Bei "regulärem", also schlechtem Wetter, könne dieses sogar "zweistellig bis an die 20 Prozent ausfallen".

Scmeißen die Kunden nicht raus

Karstadt-Geschäftsführer Wolfgang Wirz sieht das ähnlich. "Wir haben massiv Werbung gemacht, lohnen wird es sich also auf jeden Fall." Zwischen 16 und 18 Uhr werde es ein deutliches Plus geben, ob die letzten beiden Stunden bis 20 Uhr dann noch den gewünschten Umsatz bringen, ließe sich nicht sagen. Flori Schuster, Inhaber von Sport Schuster, will seinen Laden deshalb gleich um 18 Uhr zusperren. "Wenn wir feststellen, dass wir die Kunden dann rausschmeißen müssen, ändern wir unsere Öffnungszeiten natürlich sofort."

Ohnehin, so Anslinger, seien die ersten superlangen Samstage ein Test, ob die Kunden das Angebot annehmen. "Wir werden das mit Argusaugen überwachen." Denkbar sei beispielsweise, im Sommer nur bis 18 Uhr und von Herbst an bis 20 Uhr zu öffnen. Davon will man beim Olympia-Einkaufszentrum (OEZ) nichts wissen. "Ich bin überzeugt, dieser Samstag wird der Knüller", sagt Center-Manager Wolfgang Kropp.

Vor allem Kunden aus dem Umland würden das Angebot nutzen, glaubt Reimund Baumheier, Geschäftsführer vom Kaufhof am Marienplatz. "Die Leute werden einkaufen gehen und die Stadt bei schönem Wetter genießen." Das gelte auch für die vielen Gäste, die am Pfingstwochenende in München seien. "Wir haben vier Stunden mehr Zeit und machen deshalb deutlich mehr Umsatz. Daran besteht kein Zweifel."

Neben den Geschäften an der Achse zwischen Hauptbahnhof und Isartor werden auch die Einkaufszentren OEZ und Pep samstags bis 20 Uhr öffnen; die Mehrzahl der anderen Innenstadt-Läden will bereits um 18 Uhr schließen.

"Jeder Euro wird nur einmal ausgegeben"

Allerdings, so Isa Gartiser vom Einzelhandelsverband, werde es auch in der Innenstadt Geschäfte geben, die noch früher zusperren. Sie könnten zusammen mit den Händlern außerhalb des Zentrums, die überwiegend auf längere Öffnungszeiten verzichten, die Verlierer der Neuregelung sein.

"Jeder Euro", erklärt Georg Wäsler von der Gewerkschaft Verdi, "kann schließlich nur einmal ausgegeben werden". Das bedeute, die Umsatzgewinne der Großen würden zu Lasten der kleinen Geschäfte gehen. "Und sie gehen vor allem", so Wäsler, "zu Lasten des Personals".

In keiner anderen Frage sei der Widerstand bei den Beschäftigten so eindeutig wie beim Thema Ladenschluss. Die bisher gescheiterten Tarifverhandlungen bringen den langen Samstag aber nicht Gefahr. Zwar fehlt eine tarifliche Einigung über die Gewährung von Zuschlägen, doch bis auf wenige Ausnahmen haben die Unternehmen individuelle Betriebsvereinbarungen geschlossen. "Wir kennen kein Geschäft, dass wegen fehlender Vereinbarungen nicht öffnen kann", so Gartiser.

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