Kultur- und Kreativwirtschaft:Hilfe beim Geldverdienen

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Kreative haben zwar viele gute Ideen, aber nicht unbedingt eine Vorstellung, wie man davon leben kann. Bei einem Kennenlerntreffen der Inititiative Kultur- und Kreativwirtschaft können die Künstler voneinander lernen

Von Florian J. Haamann

Man müsse die Leute mit dem überzeugen, was man habe, erklärt der Puchheimer Autor und Buchhändler Volker Keidel. Und baut seine aktuellen Bücher vor sich auf dem Stehpult auf - tatsächlich werden die Besucher nach der Veranstaltung fleißig beim ihm einkaufen. Damit zeigt Keidel gleich zu Beginn seines Vortrages, warum er ein gutes Beispiel ist, wenn es darum geht, den Kreativen im Landkreis zu zeigen, wie sie ihr Potenzial auch wirtschaftlich umsetzten können.

In Zusammenarbeit mit den Wirtschaftsreferenten des Landkreises und Vertretern der Initiative Kultur- und Kreativwirtschaft der Bundesregierung hat das Landratsamt an diesem Abend unter dem Titel "Kreativ. Erfolgreich im Landkreis Fürstenfeldbruck" Vertreter aller kreativen Sparten eingeladen, sich zu vernetzen, das Beratungsangebot der Initiative kennenzulernen und sich Tipps von denen abzuholen, die mit ihrer Idee bereits erfolgreich sind. "Zur Kultur- und Kreativwirtschaft gehört, wer schöpferisch tätig ist und überwiegend erwerbswirtschaftlich orientiert ist", erklärt Jürgen Enninger, der bayerische Regionalbeauftragte der Initiative Kultur- und Kreativwirtschaft der Bundesregierung. Dazu gehören elf Teilmärkte wie Musikwissenschaft, darstellende Künste, Design- und Architekturmarkt sowie Software- und Gamesindustrie.

Volker Keidel hat den Durchbruch zwar noch nicht ganz geschafft, immerhin arbeitet er noch Vollzeit als Buchhändler, aber seine eigenen Bücher verkaufen sich immer besser, mittlerweile hat ihn der Großverlag Bastei-Lübbe unter Vertrag genommen. Angefangen hat alles mit einem abgebrochenen Studium, einer geschmissenen ersten Lehre und einer anschließenden Ausbildung zum Buchhändler. "Nebenbei habe ich Texte geschrieben, die aber niemand hören wollte", sagt Keidel. Also hat er seine eigene Lesereihe in der Gröbenzeller Hexe veranstaltet. Die entstandenen Texte hat er im Eigenverlag herausgebracht und seinen Freunden aufgeschwatzt. Und er war hartnäckig. Die Verlagsvertreter, die in der Buchhandlung in der er arbeitet ein- und ausgingen, durften das Haus nicht ohne ein Keidel-Buch verlassen - bis irgendwann der Bastei-Lübbe-Vertreter anbiss.

Dass es bei dieser Veranstaltung aber nicht nur um das Wohl der vielen Kreativen geht, sondern auch um die wirtschaftlichen Interessen des Landkreises, zeigen die Zahlen, die Jürgen Enninger an diesem Abend präsentiert. Mit bundesweit 63 Milliarden Euro Bruttowertschöpfung ist die Kreativbranche der drittstärkste Wirtschaftszweig in Deutschland, hinter Automobil- und Maschinenbauindustrie und noch vor der chemischen und der Energieindustrie. Das Problem ist, dass die Branche zu 97 Prozent aus Kleinunternehmern besteht, während in den anderen Zweigen vor allem Großunternehmen dominieren, die etwa wesentlich leichter Lobbyarbeit leisten können. "Ihre Branche ist wichtig für die Wirtschaft. Dieses Selbstbewusstsein sollten Sie in Verhandlungen mitnehmen", erklärt Enninger.

Denn die Kreativen besitzen zwar ein großes schöpferisches Potenzial und eine hohe Bildung, aber im wirtschaftlichen Bereich hakt es oft gewaltig. Deshalb bietet die Initiative kostenlose Beratungsgespräche, zeigt Fördermöglichkeiten und hilft bei der Preisgestaltung und Vernetzung. Wie wichtig die Region München für die Branche ist, zeigt eine Studie aus dem Jahr 2012. 117 000 Beschäftigte generieren einen Umsatz von 20 Milliarden Euro und damit gut 14 Prozent des Umsatzes der Branche in Deutschland. Um dieses Stärke zu bündeln, wurde die Metropolregion München mit 25 Landkreisen gebildet. Ziel ist es, die Kreativen noch stärker zu vernetzen und weltweit das Ansehen zu erhöhen.

Einer, der mit seinem Unternehmen bereits international agiert, ist Oliver Breidenbach von Boinx Software in Puchheim. Seine Firma programmiert unter anderem Software für Videoübertragungen im Internet und Anwendungen für Smartphones. Die erfolgreichste gehört zu den fünf meistgeladenen in den USA. Seine Mitarbeiter sitzen dabei aber nicht nur in Puchheim, sondern in Wien, Köln, Kiew und Boston. Lediglich alle paar Wochen treffen sie sich in Puchheim, "auch um ab und zu mal etwas gemeinsam zu unternehmen", sagt Breidenbach. Ansonsten läuft alles über Videokonferenzen im Internet. Und auch Breidenbach hat einen guten Rat für die anwesenden Kreativen: "Überlegen Sie, was ihr ärgster Konkurrent machen würde, um sich Ihre Kunden zu schnappen. Und dann machen Sie einfach genau das."

© SZ vom 21.05.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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