Für Intensivtäter:Geschlossenes Heim für jugendliche Schläger

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Wenn nichts mehr geht: Nach langem Zögern baut die Stadt ein "sozialpsychiatrisches Jugendzentrum".

Sven Loerzer

Kontrolle und Hilfe, aber kein simples Wegsperren: Die Stadt will voraussichtlich in Pasing ein geschlossenes Heim für jugendliche Intensivtäter errichten. Die Forderung nach einer solchen Einrichtung gibt es seit Jahren. Das Heim mit 14 Plätzen soll bis 2011 fertig sein und rund fünf Millionen Euro kosten. Über den Standort berät der Stadtrat am heutigen Dienstag.

Das neue Heim wird wohl am Standort der Jugendhilfeverbunds "Just M" in der Scapinellistraße in Pasing entstehen. (Foto: Foto: Alessandra Schellnegger)

Die Fälle ähneln sich

Es ist nur ein kleiner Kreis von jugendlichen Gewalttätern, der die Polizei immer wieder beschäftigt. Erst vor kurzem schlug erneut ein 15-Jähriger brutal zu. Sein 17-jähriger Bruder hatte ihn aufgefordert, die Wohnung zu verlassen, weil er die Mutter beleidigt haben soll. Der 15-Jährige schlug dem Älteren daraufhin mit den Fäusten ins Gesicht und versetzte ihm einige Kicks mit dem Fuß - bis der kleine Finger des Älteren zersplitterte. Beide Jugendliche sind der Polizei schon seit fast zwei Jahren als Intensivtäter bekannt.

Die Fälle ähneln sich: Meist handelt es sich um Jungen, oft noch strafunmündig. Aber sie sind bereits durch ihre besondere Brutalität bei Gewalttaten aufgefallen, die Liste der Delikte ist lang. Die Eltern kommen nicht mehr klar mit ihnen, dem Jugendamt mit seinen abgestuften ambulanten Erziehungshilfen entziehen sie sich. Und irgendwann sind die Helfer ratlos. Doch auch für auffällige Mädchen, die ihre Aggressionen meist mehr gegen sich selbst richten und sich Verletzungen zufügen, soll das neue Heim Hilfe bieten. Generell geht es um Kinder und Jugendliche im Alter von zwölf bis 17 Jahren, die für andere Jugendhilfeangebote "einfach nicht mehr erreichbar" sind, sagt Sozialreferent Friedrich Graffe (SPD).

Für diese will er nun ein Sozialpsychiatrisches Jugendzentrum bauen, das aus zwei Gruppen mit je sieben Plätzen besteht. Zwei der 14 Plätze sollen für Jugendliche zur Verfügung stehen, die nicht aus München, sondern aus dem restlichen Oberbayern kommen. Der Anstoß, das Zentrum einzurichten, kam vom ärztlichen Direktor der Heckscher-Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Franz Joseph Freisleder. Denn gerade für jene Kinder, die zwar nicht psychisch krank sind, aber "ein erhebliches Potential haben, sich oder andere zu gefährden", gab es bisher kein Heim.

14 Einzelzimmer vorgesehen

In dem neuen Zentrum soll innerhalb von 48 Stunden ein Kinder- und Jugendpsychiater zusammen mit den Fachdiensten klären, ob der Jugendliche bleibt oder verlegt wird. Der Aufenthalt in dem Heim ist auf drei Monate befristet. In dieser Zeit sollen die Mitarbeiter das Vertrauen auch der Eltern gewinnen und einen Hilfeplan erstellen. Der Jugendliche kann dazu - mit familiengerichtlicher Genehmigung - gegen seinen Willen in dem Heim festgehalten werden. Wie viel Personal nötig ist, um die Kinder intensiv zu betreuen, will das Sozialreferat zusammen mit der Heimaufsicht klären.

Für das Heim mit knapp 700 Quadratmetern Nutzfläche sind 14 Einzelzimmer mit jeweils 14 Quadratmetern vorgesehen. Dazu kommen zwei Küchen, Ess- und Aufenthaltsräume, Schul- und Lehrerzimmer, Büros und ein Nachtbereitschaftsraum, ein Fitnessraum und ein Multifunktionssaal. Auch ein "Time-Out-Raum" ist vorgesehen, in dem Jugendliche bei extrem aggressivem Verhalten beruhigt werden sollen. Als Heim-Standort ist die Scapinellistraße 15 in Pasing in der engeren Wahl, wo das Stadtjugendamt fünf Wohngruppen seines Jugendhilfeverbunds "Just M" angesiedelt hat. 2003 gab es dort eine schwere Panne: Ein 13-Jähriger, der dort wohnte, hatte 2003 einen Rentner in der Nachbarschaft mit einer Gabel am Kopf schwer verletzt.

Ein Teil des sanierungsbedürftigen Gebäudes könnte nun dem Heimneubau weichen. 3,4 der fünf Millionen Euro Baukosten sollen aus dem KonjunkturpaketII kommen.

© SZ vom 28.04.2009/pfau - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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