Bis zur Wade reicht der Schlamm am Freitagmittag an den Ein- und Ausgängen auf dem Campingplatz, als die ersten Festivalbesucher sich wieder in Richtung Gelände wagen. Vorsichtig einen Schritt vor den anderen setzen - bloß nicht hinfallen, lautet die Devise. Viele der Besucher beim Utopia Island Festival sehen bereits so aus, als hätten sie anstatt der morgendlichen Dusche ein ausgiebiges Schlammbad genossen. Gegen Vormittag hatte der Dauerregen aufgehört, die Wolkendecke sich soweit erhellt, dass die Sonne dahinter zumindest zu erahnen war.
Die Stimmung haben sich die "Utopianer" trotzdem nicht vermiesen lassen. Im Gegenteil, berichten die Kräfte der Wasserwacht in ihrer Wachstation am östlichen Seeufer des Aquaparks. "Sie sind friedlich und gut gelaunt", sagt Rainer Irlbauer, BRK-Einsatzleiter, der täglich ab 17 Uhr mit mindestens 35 Sanitätern, 15 Wasserwachtlern und zwei Ärzten im Einsatz ist. Auch sonst finden die Ehrenamtlichen für die Festivalbesucher ausschließlich lobende Worte: "So positiv wie man hier behandelt wird von den jungen Leuten, das erlebt man sonst überhaupt nicht", sagt Irlbauer.
Auch die Tankstelle an der Kreuzung zum Festivalgelände berichtet Positives über das Verhalten der Gäste. Sie ist die Haupt-Anlaufstelle für Verpflegungs-Engpässe aller Art - Zigaretten im Wert von 15.000 Euro seien extra für das Festival gelagert. Daneben benommen werde sich kaum, ein paar Leute hätten lediglich Schwierigkeiten beim Geldzählen.
Je friedlicher das Verhalten, desto geringer die Unfallquote: Bis zum Freitagnachmittag hatte das BRK nur sechs Mal ausrücken müssen, um Verletzungen wie eine ausgekugelte Schulter oder eine Mittelfußfraktur zu versorgen. 33 "Kleinversorgungen" habe es zusätzlich gegeben, heißt es.
Zahlen, die überraschen, bei einem Besucheraufkommen von im Schnitt 15.000 Personen täglich - so lautet die offizielle Zahl der Pressestelle. Davon seien ein Viertel bis ein Fünftel Tagesbesucher, der Rest schlafe im Zelt, Auto oder Caravan, sagt Leonhard Mandl. So wie Melissa und Aaron aus Esslingen, die die nasskalte erste Nacht im Zelt durchgestanden haben. Aus Mülltüten und Klebeband hat sich Aaron vor zwei Stunden provisorische Gummistiefel bis zum Oberschenkel gebastelt. "Ich habe nicht soweit gedacht, dass so scheiß Wetter ist", gibt der 22-Jährige zu. Ob die einfallsreiche Abhilfe halten wird, ist fraglich, schon jetzt reißen die dünnen Mülltüten an mehreren Stellen auf. Auch Susi wurde am Donnerstag nass, wie sie erzählt Zusammen mit ihrer neunköpfigen Gruppe aus Moosburg und Landshut habe sie mitten im Starkregen ihr Zelt aufgebaut. "Es ist alles nass geworden", erzählt die 22-Jährige. Am Freitag hätten dafür die Mütter noch Gummistiefel vorbeigebracht. Gut, wenn man aus der Region kommt.
Die Mainstage füllt sich am Abend erstmals richtig bei dem 21-jährigen EDM-Superstar Marshmello, der - mit einem Marshmallow auf dem Kopf - seine Hits abliefert. Die Bühnendekoration tut ihr Übriges. Die Vulkane links und rechts spucken Feuer, CO2-Kanonen feuern in die Luft, es regnet Konfetti. Auch die zweiten Headliner des Abends, die Berliner Rapper K.I.Z., sparen nicht an Effekten. Mit einem Panzer unter sich schweben sie bei ihrem Song "Wir" an Drahtseilen hoch über der Bühne, bevor sie unterstützt von tausenden Fans das Ende der Welt ("Hurra die Welt geht unter") besingen.
Der Abend ist danach aber noch lange nicht vorbei. Bis drei Uhr wummern die Beats von den Bühnen, die "Utopianer" feiern auch am zweiten Abend unermüdlich.