Reise in den Sommerferien:Auf zum Planeten Sebaldonova

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Im Ferienprogramm der Stadtjugendpflege leben die Kinder heuer in Raumstationen und erkunden das Weltall

Barbare Schweigert

"Chaos ist die Kreativität auf der Suche nach der Form." Wie passend dieser Spruch auf dem vergilbten Zettel, der an die Wand von Raumstation "Nova 2" geheftet ist, die Atmosphäre der Umgebung beschreibt, kann kein Zufall sein. Denn auf den ersten Blick sieht es so aus, als sei auf dem riesigen Areal des Abenteuerspielplatzes am Sebaldhaus ein heilloses Chaos ausgebrochen: Etwa 200 Kinder aus Freising und Umgebung erforschen dort einen neuen Planeten mit Namen "Sebaldonova". Sie basteln im Planetarium aus beklebten und bemalten Luftballons ihre eigenen Sterne. An anderer Stelle schießen sie selbst angefertigte Raketen mit Luft- und Wasserdruck ab, um sie zu noch unbekannten Galaxien aussenden. Wieder andere Kinder bannen abstrakte Sternbilder, bunte Planeten und Sonnen auf Papier, schneidern Weltall-taugliche Kleidung und richten sich ihre Raumstationen ein.

Ihre Expedition ins Weltall unternehmen die Kinder zwischen acht und 14 Jahren im Sommerferienprogramm der Stadtjugendpflege Freising. Hinter dem augenscheinlichen Chaos steckt also in Wahrheit ein ausgeklügeltes System: Jedes Jahr denken sich die Veranstalter, die Leiter des Sebaldhauses, ein neues Thema aus, das die Kinder dazu motiviert, ihre eigenen Welt zu konstruieren. Und was im vergangenen Jahr noch das aufregende Survival-Camp im Urwald war, ist im Sommer 2012 eben die abenteuerlichen Besiedelung des neuen Planeten.

Sechs Ferienwochen lang können sich die Kinder rund um das Sebaldhaus kreativ austoben und mit der Raumfahrt auseinander setzen. Dabei werden die Buben und Mädchen ganztags von Pädagogen und freiwilligen Helfern unterstützt. In zahlreichen Werkstätten, die in Zelten und Holzhütten untergebracht sind, leiten die Betreuer zu den verschiedensten Aktivitäten an. "Hier könnt ihr mit mir alles aus Holz zimmern, was ihr für eure Raumstation braucht", erklärt etwa der Pädagogik-Student Phillip an seiner Station - und freut sich, wenn er helfen kann.

Jedoch übernehmen die Kinder auch einige organisatorische Aufgaben selbst: Zum Beispiel können sie im Arbeitsamt, der Hütte "Nova 1", bei ihren Spielgefährten erfragen, welche Stationen frei sind und sich Karten dafür holen. "Wir wollen, dass die Kinder lernen, sich selbständig für ihre Interessen einzusetzen", sagt Gabi Dworsky, die Leiterin des Bauspielplatzes an der Münchner Straße. "Das bewirkt auch unser Zahlungssystem auf dem Planeten." Denn für ihre Bastel- und Malarbeiten in den Werkstätten oder ihre gemeinnützigen Tätigkeiten wie Putzen oder Kochen werden die Kinder belohnt. Für eine halbe Stunde Beschäftigung an einer Station erhalten sie einen sogenannten Quasar, womit sie wiederum am Kiosk oder im Basar aus ihren eigenen Bildern und Töpfereien einkaufen können.

Hier wird ersichtlich, wie detailliert sich die Leitung des Sebaldhauses Gedanken um die Struktur des Abenteuers macht: Die Quasare, die in "Sebaldonova" eine Währung mit bunten Plastiksteinchen sind , definieren in der Astronomie die Atome in der Mitte einer aktiven Galaxie. Das ist für Sarina jedoch weitgehend uninteressant. Sie hat mit den Steinchen größere Pläne: "Ich spare mir alle Quasare bis nächste Woche auf", sagt die Achtjährige stolz, "dann werde ich mit meinem Bruder eine Raumstation kaufen". Ihr ist die Begeisterung für die Expedition nach "Sebaldonova" anzumerken: "Das Malen mag ich nicht so gern, aber eine Rakete muss ich unbedingt heute noch bauen", lächelt Sarina.

Zwar geben das Thema und die Organisation des Ferienprogramms die Struktur und den Ablauf der Spiele vor, doch stehen die Betreuer den Kindern nur zur Seite: Ihrer Phantasie sind keine Grenzen gesetzt. So entwickele sich im Laufe der "Weltraumwochen" auch eine kreative Eigendynamik, freut sich Leiterin Dworsky - und bleibt dem Motto an der Hütte "Nova 2" treu. Vor allem sehe sie das schon für das Planetarium voraus: "Nach dem Chaos platzender Luftballone bleiben am Ende doch die fertigen Werke."

© SZ vom 07.08.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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