Open Air am Vöttinger Weiher:Vom Grill zur Großküche

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Wo 315 Leute bei der Organisation eines Festivals helfen, spielt auch die Verpflegung eine nicht unwesentliche Rolle.

Sophia Dollsack

Das Plus-Festival hat mal wieder bewiesen, dass ein Spagat zwischen gemütlicher Beschaulichkeit und grandioser Open-Air-Stimmung möglich ist. Dies ist auch der großen Anzahl an freiwilligen Helfern zu verdanken. Im Rückblick auf die vergangenen Jahre ist die Zahl derer, die sich für einen reibungslosen Ablauf ehrenamtlich die Tage und Nächte vor, während und nach dem Festival um die Ohren schlagen, beträchtlich gestiegen. "Als wir vor 19 Jahren zum ersten Mal das Festival veranstalteten, haben wir es mehr oder weniger mit vier Leuten aufgebaut", erzählt Reinhard Fiedler, Veranstalter des Prima-leben-und-stereo-Festivals. Der Aufwand sei damals ein ganz anderer gewesen: "Wir hatten weder Zelte noch eine richtige Bühne", sagte Fiedler. Als Bühne habe ein Lastwagen der Brauerei gedient.

Heute gibt es ein riesiges Helferzelt, in dem die ehrenamtlichen Helfer mit Essen und Trinken versorgt werden. "In der Anfangszeit wurde gegrillt - neben der Bühne unter einer Plane", vergleicht Fiedler. Als dann jedoch bekanntere Bands auftraten, "hat das Grillen allein nicht mehr ausgereicht, weswegen ab diesem Zeitpunkt auch vegetarisches Essen gekocht wurde."

So konnten die Helfer am vergangenen Wochenende wieder zwischen Martini-Hühnchen, Rosmarinkartoffeln und Ratatouille mit Feta am Freitag und Thai-Curry sowie Käsespätzle und Geschnetzeltem am Samstag wählen. Vor einigen Jahren gab es Essens- und Getränkemarken, erzählt Fiedler und begründet: "Wir wollten vermeiden, dass jemand den ganzen Tag nur im Zelt sitzt und isst." Dies sei aber schnell wieder verworfen worden, da "wir gemerkt haben, dass es auch ohne funktioniert und wir ja wollen, dass sich die Helfer wohlfühlen", ergänzt Fiedler.

In diesem Jahr wurde für insgesamt 315 Helfer Essen zubereitet. Was es heißt, für eine so große Anzahl zu kochen, können sich viele junge Leute wohl nicht vorstellen. Geschätzt wird es dafür umso mehr: Wird um 19 Uhr zu den Biertischen gerufen, hat man das Gefühl, es stehen auf einen Schlag alle Helfer an, die nicht gerade Schicht haben. Und nach dem legendären Chili Con Carne und der Kartoffelsuppe, welche es traditionell um zwei Uhr nachts gibt, werde ab Mitternacht im 15-Minuten Takt gefragt, erzählt ein Küchenhelfer.

Aber nicht nur das Catering hat sich geändert. "Natürlich muss es auch mehr Kontrolle geben, wenn das Festival wächst", erklärt Fiedler. So werden die Helfer neben dem Catering auch an der Kasse, am Einlass und als Securitys eingesetzt. Zudem gibt es Straßenkontrolleure, die darauf achten, dass nur Autofahrer mit Genehmigung passieren oder nichts im Weg steht, das die Feuerwehranfahrtszone blockieren könnte. Taschenkontrolleure überprüfen, dass die Festival-Besucher keine Glasflaschen oder unerlaubte Gegenstände mit auf das Gelände bringen. Inzwischen gibt es sogar Bandbetreuer. Jede Kategorie hat einen Teamleiter, der seine Freiwilligen selbst aussucht, einteilt und für sie verantwortlich ist. Während der Arbeit fährt der Teamleiter der Straßenkontrollen beispielsweise zu den teilweise einige Kilometer entfernten Einsatzorten und versorgt die Helfer mit Essen und Trinken. Außerdem kommen immer wieder Securitykräfte vorbei, um nach dem Rechten zu sehen.

Die administrativen Aufgaben erledigen Helfer, die schon mehrere Jahre dabei sind und Erfahrung haben. Die Ehrenamtlichen werden meist zu zweit in Drei- oder Sechs-Stunden Schichten eingeteilt, wobei jeder Helfer während des Festivals insgesamt zwölf Stunden arbeitet. Die restliche Zeit kann jeder im Helferzelt oder auf dem Festivalgelände verbringen. Jedoch hat der Großteil der Helfer auch während der Schichten selbst Spaß.

Der meistgenannte Grund für das Engagement ist die Atmosphäre, die es auf dem ganzen Open-Air, im Speziellen aber unter den Helfern und im Helferzelt gebe. "Wir arbeiten mit Freunden zusammen und vor allem im Zelt ist die Stimmung sehr familiär", erzählt eine 21-jährige Helferin an der Straßenkontrolle. Dort gebe es eigentlich auch einen eigenen, abgetrennten Bereich nur für die Musiker, wobei sich diese in vielen Fällen nicht abschirmen, sondern ebenfalls unter den Helfern sitzen. Aus diesem Grund funktioniere wahrscheinlich auch der Schichtwechsel reibungslos, ergänzt sie. Jeder wisse, dass er nur einem Kollegen schaden würde, wenn er sich drückt. Es sei außerdem noch nie zu irgendwelchen unangenehmen Situationen mit Festival-Besuchern gekommen. "Das höchste der Gefühle war, als wir einmal einen Sitzkreis auf der Straße auflösen mussten", erzählt die 21-jährige. Dies sei aber mit wenigen Worten erledigt gewesen. Die Jugendlichen hätten sich einsichtig gezeigt. Aus Sicht der Helfer ist es also auch in diesem Jahr wieder gelungen, familiäre Atmosphäre mit großartiger Festivalstimmung zu vereinen.

© SZ vom 06.08.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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