Kabarett der Grünen:Der Stadtfürst und der Üdli-Schwur

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Bei der Gründonnerstagung wird die Landespolitik bissig kommentiert. Christian Magerl will das Direktmandat erobern

Kerstin Vogel

Wie es gut ein halbes Jahr vor der Landtagswahl in der bayerischen Politik wirklich zugeht, was die "Trachten-Ilse", "König Horstl" und sein "Doofrind" planen und welche Rolle "Schweineknecht Hubert" und "Stadtfürst Christian Üdli" dabei spielen - all diese Fragen sind bei der Gründonnerstagung im Versus Barbershop vom Grünen-Kabarett bei grüner Suppe und grünem Käse mit "grüner" Bissigkeit beantwortet worden. Einmütige Einschätzung der zahlreichen Besucher: Die Kabarettisten werden immer besser, ihr Auftritt mit Erzählerin Birgit Niefanger geht mittlerweile als wunderbares Singspiel durch - und wenn der junge Bezirkstagskandidat Johannes Becher wider Erwarten keine politische Karriere hinlegen sollte: Als Kabarettist hätte er Zukunft.

Kreisvorsitzende Claudia Bosse hatte bei der Begrüßung noch ein wenig herumgerätselt und gerechnet, ob man mit der Veranstaltung nicht bereits ein Jubiläum feiere - und tatsächlich: Es handelte sich um die inzwischen 30. Gründonnerstagung der Freisinger Grünen, für Bosse der Beweis, dass die Begriffe "grün" und "traditionell" doch zusammen passen. Neben dem Essen und dem gemeinsamen Feiern gehört natürlich auch die Politik zur Tradition der Gründonnerstagung. Und so nutzten Becher und Bundestagskandidat Michael Stanglmaier den Abend, um noch einmal um Unterstützung in den bevorstehenden Wahlkämpfen zu werben, während der Landtagsabgeordnete Christian Magerl dazu aufrief, im Widerstand gegen den Bau der dritten Startbahn am Münchner Flughafen keinesfalls nachzulassen.

Denn der laufende Prozess zum Planfeststellungsverfahren habe bereits gezeigt, dass die Flughafengesellschaft den mit dem Münchner Bürgerentscheid zum Ausdruck gebrachten Wählerwillen mit Füßen treten wolle. So habe der Anwalt der FMG, Volker Groneveld, vor Gericht völlig ungeniert zugegeben, dass man, sobald man die Baugenehmigung habe, davon auch Gebrauch machen werde. "Das ist eine Kriegserklärung an unsere Region und an die Münchner", so Magerl empört. Dabei werde die reale Entwicklung des Flugverkehrs ausgeblendet und verdrängt. Diese Realität aber lasse sich an Zahlen festmachen. So melde die FMG selber für Januar und Februar im ersten Quartal 2013 ein Minus von 7,8 Prozent bei den Flugbewegungen. Der Sommerflugplan weise 3,1 Prozent weniger Starts und Landungen als im Vorjahr aus - selbst wenn man vorsichtig hochrechne, liege man Ende 2014 bei der Zahl der Flugbewegungen voraussichtlich nur knapp über dem Niveau von 2004.

Magerl: "Das bedeutet zehn Jahre Stagnation." Zudem prognostiziere selbst der Chef der Deutschen Flugsicherung für die kommenden Jahre nur noch ein jährliches Wachstum von einem bis 1,5 Prozent im Luftverkehr. Das Verkehrsaufkommen, das sich daraus bis 2025 für das Erdinger Moos errechne, ist laut Magerl leicht mit dem Zwei-Bahn-System zu bewältigen. Für die Landtagswahl definierte der Abgeordnete deshalb ein ganz klares und durchaus ehrgeiziges Ziel für die Freisinger Grünen: Direktkandidat Florian Herrmann (CSU) müsse zusammen mit der Staatsregierung abgewählt werden: "Wir müssen das Direktmandat dieses Mal gewinnen."

Herrmann blieb auch beim anschließenden Kabarett nicht ungeschoren, ebenso wenig CSU-Ortsvorsitzender Erich Irlstorfer, der "Irrläufer" und "Koloss von AOChaos", "ein Typ wie eine Telefonzelle", der im Auftrag von König Horstl die schwarze Madonna zur Wahlstrategie befragen sollte. Stattdessen aber habe er sich "jämmerlich verlaufen und nur noch für den zügigen Bau des Freisinger Eisstadions gebetet". König Horstl, dargestellt von Kreisrat Toni Wollschläger, und sein Doofrind (Johannes Becher) planten unterdessen gleichwohl den "Kreuzzug, Kreuzzug, nieder mit der grünen Brut" - zu singen nach der Melodie von "Moskau, Moskau". Stadtfürst Üdli, verkörpert von Ex-OB-Kandidat Sebastian Habermeyer (mit echtem "Multi-Kulti-Schnurrbart"), bat derweil Margarete Bause (Astrid Hacke) zum "Üdli-Schwur", während die Trachten-Ilse (Caro Hofer) den Aiwanger (Björn Láczay) unter Aufbietung all ihrer weiblichen Reize auf die Seite der Schwarzen zu ziehen versuchte.

Wie erfolgreich der Doofrind'sche Kreuzzug am Ende gewesen sein wird, erfahren die Wähler spätestens im September 2013. Die Autoren des Freisinger Grünen-Kabaretts, Wollschläger und Becher, werden die Zeit bis dahin sicher wohlwollend begleiten.

© SZ vom 30.03.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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