Jugendkorbinianswallfahrt 2011:"Die Sache Jesu braucht Begeisterte"

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Jugendliche marschieren in aller Herrgottsfrühe auf den Freisinger Domberg.

Christian Gschwendtner

5.30 Uhr: Eine angenehme Ruhe begleitet die S-Bahn auf ihrem Weg von München in Richtung Freising. Das ist für einen sehr frühen Sonntagmorgen nicht weiter verwunderlich. Vereinzelt kauern erschöpfte Partygänger in den Sitzen, die Strapazen einer durchgemachten Nacht stehen ihnen ins Gesicht geschrieben. Sofern die physische Konstitutionen das noch zulässt, kreisen ihre Gedanken jetzt ganz um die Erwartungen an ein warmes Bett. Alles wie jedes Wochenende. Nur, dass an diesem Morgen die verständnislosen Blicke der seltenen, vom Schicksal nicht begünstigten Arbeitnehmer in einem Pulk von Kindern und Jugendlichen nicht weiter auffallen.

Die Frühwallfahrt des Jugendkorbinianfestes steht an. Wie nicht anders zu erwarten, reiben sich die Jugendlichen erstmal den Schlaf aus den Augen. Für größere Manöver sind sie um diese Uhrzeit noch nicht zu haben. Höchstens gedämpfte Auskünfte auf die unnötigen Fragen der Erwachsenen sind möglich. Man könnte die Stille aber auch als erste Anzeichen einer religiösen Kontemplation, eines In-sich-Gehens interpretieren.

So richtig los geht es dann für die Jugendwallfahrer um kurz nach sechs an der S-Bahn Station in Pulling. Einen Startschuss gibt es nicht, eher ein behäbiges ins Feld marschieren. Simone Reschka gräbt die Hände in die Taschen ihres knielangen roten Mantels. "So kalt wie in diesem Jahr war es noch nie" bemerkt sie. Mit der Sendlinger Pfarrei St. Margaret hat die 18-Jährige schon viermal an der Frühwallfahrt teilgenommen. Aufgestanden ist sie dafür heute fast schon routinemäßig um vier Uhr. Vielleicht wirkt sie deshalb verhältnismäßig munter. Bei der ersten Station der Sendlinger unweit des Bahnhofs in Pulling muss der Pastoralreferent dennoch ein wenig Überzeugungsarbeit leisten: "Die Sache müssen wir mit Schwung singen. Die Sache Jesu braucht Begeisterte". Seine elf Schützlinge sind aber schnell auf Kurs und singen eifrig mit. Anschließend sollen die Ministranten und Firmlinge kurz im Stillen über Krisensituationen im Alltag sinnieren. Der vorgelesene Auszug eines Bibeltextes aus dem Markus-Evangelium dient als Wegbegleiter.

Für den Fußmarsch nach Freising schlägt jede der Gruppen ihren eigenen Weg ein, geht ihr eigenes Tempo. Unterwegs wird an beliebigen Stationen Halt gemacht: Gemeinsam wollen die jungen Katholiken beten, singen oder auf anderem Weg ihren Glaubensinhalten Ausdruck verleihen. In Pulling sind sie ganz unter sich. Ein dichter Nebel umschlingt den Ort, die Straßen sind ausgestorben, die Scheiben der parkenden Autos vereist. Die Wallfahrer tauen da - trotz weiterhin frostiger Temperaturen - schnell auf. Markus aus Icking denkt bereits voller Zuversicht an das gemeinsame Essen nach dem festlichen Gottesdienst im Freisinger Mariendom. Im Vordergrund steht für ihn aber das "Gesamtpaket".

Mittlerweile ist die Dunkelheit immer mehr der Morgendämmerung gewichen. Die Pilger können ihre Taschenlampen endlich in den Rucksäcken verstauen, Handschuhe und Mützen bleiben vorerst wertvolles Wallfahrt-Inventar. Eine S-Bahn auf ihrem letzten Streckenabschnitt nach Freising rauscht an den Jugendlichen vorbei, verfolgt von dem ein oder anderen sehnsuchtsvollen Blick. An einer Wegbiegung hinter den Feldern Pullings wartet die Neufahrner Pfarrjugend mit heißem Tee und Kaffee auf. Ein willkommenes Angebot, das dankbar angenommen wird. Spätestens jetzt überwiegt bei den Korbinianswallfahrern die Vorfreude auf die Ankunft in Freising. Den 60 Firmlingen der katholischen jungen Gemeinde Laim wird sowieso warm. An der letzten Station präsentiert man nach Instruktion der Betreuer das diesjährige Motto "Guad, dass di gibt!" in einer ganz eigenen Variante: Dem Spiel "Big fat Tony". Im Kreis aufgestellt, geht es darum den anderen durch frontales Antanzen, und seitlichen Hüftschwung zum Mitlaufen innerhalb des Kreises zu animieren. Ein fröhliches Spektakel. Belohnt werden die Firmlingen mit Süßigkeiten und einem Herz aus Filz, als Symbol für Freundschaft.

Nach zwei Stunden und sieben Kilometern ist es dann um 8.07 Uhr soweit: Der Domberg in Freising ist erfolgreich bestiegen. Zeitgleich mit den Frühwallfahrern trifft Kardinal Reinhard Marx ein. Der Gottesdienst kann beginnen. Anschließend geht es für die meisten nach dem Markt der Möglichkeiten und einer abschließenden Vesper wieder zurück. Nach morgendlichem Fußmarsch verdientermaßen mit der S-Bahn.

© SZ vom 14.11.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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