Freising:Kühle Gewölbe im Untergrund

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Von den vielen Bierkellern in Freising sind nur 15 übrig. Brauereien haben sie einst bauen lassen, um ihre Getränke kühl lagern zu können. Wer sie betreten will, braucht eine Sondergenehmigung

Von Elena Aracena

Nur noch von außen sind die Gewölbe des Peterkellers auf dem Lankesberg zu besichtigen. Dort entstehen neue Wohnungen und die Keller werden verfüllt. (Foto: Marco Einfeldt)

Noch 15 Brauereikeller sind in Freising erhalten geblieben, alle befinden sich in Privatbesitz. Der Brauereimeister Hermann Bienen besichtigte fast alle und machte sich ein umfassendes Bild, "dabei waren die Keller nur mit Sondergenehmigung begehbar", betont er. Dass die Öffentlichkeit sich für die Gewölbe interessiert, zeigen die aktuellen Debatten um den Peterkeller, der im Zuge einer Bebauung zugeschüttet wird. Die historischen Bierkeller sind jetzt eine Baustelle.

Gewölbe unter der Stadt gibt es nicht nur in Freising. Auch andere Städte inner- und außerhalb Bayerns können solche vorweisen. Wie in Dachau. Die Keller dort stehen zum Teil für Besichtigungen oder andere Events zur Verfügung. Die Bierkeller sind in Freising ein heikles Thema. Stadtheimatpfleger Norbert Zanker und der Verein für Stadtheimatpflege protestieren gegen die Beseitigung des historischen Gewölbes am Lankesberg. Der Peterkeller sorgt in Freising für Ärger, dabei ist er eigentlich nicht einmal der Einzige noch erhaltene Bierkeller der Stadt. Brauereien ließen die Freisinger Bierkeller im 17. Jahrhundert bauen. Sie sind eines der wichtigsten Zeugnisse der gewachsenen Bierkultur in Freising.

Der Bedarf an Bierkellern in Freising war zu jener Zeit groß. Die Nachfrage nach Bier wuchs, besonders im Sommer. Manch ein Bierkeller entwickelte sich zu einem Ort der Erholung, der Begegnung und des gesellschaftlichen Lebens: der Beginn der bayerischen Biergarten-Tradition, meint Bienen.

Seit dem Jahre 1160 wird in Freising nachweislich Bier gebraut. Bis heute ist die Stadt für ihr Brauereiwesen bekannt. In Freising existierten zu Beginn des 19. Jahrhunderts 18 Brauereien, von denen lediglich das Hofbrauhaus Freising und die Staatsbrauerei Weihenstephan erhalten blieben. Über die Bierkultur der Brauereistadt ist sogar viel bekannt, doch die Brauereikeller sind über die Jahre hinweg in Vergessenheit geraten. Zuletzt haben sie die Bürger als Luftschutzkeller während des Zweiten Weltkriegs genutzt.

Kellergewölbe bieten das ganze Jahr über gleichbleibende Temperaturen und haben sich somit bereits im Mittelalter als Lagerräume angeboten. Zur Aufbewahrung des guten Bieres gewannen die Keller an Bedeutung. Im Sommer konnten Wirte und Brauereien das Bier kühl lagern. Traditionell durfte das eingebraute Märzen- oder Sommerbier nur bis Georgi (23. April) eingebraut werden, musste aber bis in den Winter hinein seine Trinkqualität erhalten. Jedes Bier wurde von der Stadt eigens auf seine Tauglichkeit im Geschmack und Eigenschaft überprüft. Außerdem gab es eine Regelung zu den genauen Zeitpunkten, welche Brauerei wann mit dem Brauen beginnen sollte. Die meisten der "besseren" Sommerkeller entstanden in den Jahren 1820 und 1860, vereinzelt schon 1790. Die Keller boten die einzige Möglichkeit, ohne eine Kältemaschine für eine angemessene und gleichmäßige Kühlung zu sorgen. Bevor Carl von Linde seine Kältemaschine 1871 zum Patent anmeldete, mussten die Fässer mit Natureis gekühlt werden. Dieses wurde im Winter aus Flüssen und Seen gewonnen. "Das erste Fass wurde dann aus dem Eis geschlagen", erklärt Bienen. Von Anfang des 19. Jahrhunderts an wurde sogar in den Kellern selbst Bier ausgeschenkt.

Meist lagen die Bierkeller unterhalb der Brauereien oder direkt dahinter. In Freising befanden sich die meisten nördlich der Hauptstraße. Die Gewölbe wurden tief in das ansteigende Gelände gegraben, sagt Bienen. Dies galt für diverse Brauereien wie den Stieglbräu, Furtnerbräu, Zehetmairbräu, Laubenbräu, Heiglbräu und den Weindlbräu. Da die Brauereien südlich der Hauptstraße kaum über dem Grundwasser beziehungsweise Moosachspiegel lagen, waren andere Orte für eine Unterkellerung besser geeignet. Der Jungbräu sowie der Paulimayrbräu oder der Hummelbräu erwarben Grundstücke oberhalb der Hauptstraße. Die ältesten erhaltenen Keller in Freising befinden sich jedoch auf dem Büchl. Hierzu zählen die Keller des Gößweinbräu, Schweinhammerbräu, Hasiberbräu, Hacklbräu und des Hagnbräu. Direkt auf der gegenüberliegenden Seite, der Alten Poststraße, befanden sich die großen Keller der Klosterbrauerei Neustift. Die Klosterbrauerei Weihenstephan sowie das Hofbrauhaus auf dem Domberg besaßen alleine jeweils zehn Keller. Durch den wachsenden Bierbedarf entstanden weitere Kellergewölbe außerhalb der Stadt. Es etablierten sich sogenannte "Sommerbierkeller". Baumbepflanzungen dienten einerseits der Erhaltung der Kälte in den unterirdischen Räumen, andererseits als Biergärten.

Bemerkenswert ist die hohe Anzahl der ursprünglichen Kellergewölbe der Brauereien. Jetzt verfügt die Stadt Freising nur mehr über 15 Keller. In Anbetracht der einstigen Menge scheint das gering. Selbst jene wenigen sollen nun zugeschüttet werden. Vielleicht sollte sich die Stadt wirklich "das Prinzip Luft raus", für "alles, was im Wege steht", patentieren lassen. Das meint zumindest Hermann Bienen.

© SZ vom 21.12.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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