Freising: Korbinianswallfahrt:Marx' Kilo-Bekenntnisse

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"Ich müsste zehn Kilo abnehmen", gesteht Freisings Erzbschof Marx bei der Korbinianswallfahrt auf dem Domberg. Den Jugendlichen wäre es lieber, die Kirche würde sich reformieren.

Sabina Dannoura

Der Freisinger Domberg war am Wochenende wieder Ziel von mehr als 5000 jungen Katholiken aus der Erzdiözese München und Freising. Im Mittelpunkt der Korbinianswallfahrt der Jugend stand zwar das Motto "Runterfahren! Leben!", das zu einer Pause im Alltag aufrief: um sich über seinen Standpunkt im Leben klar zu werden und daraus Kraft für Veränderungen zu schöpfen. Doch die Kirche selber scheint noch nicht bereit zu sein, ausgetretene Pfade zu verlassen.

Junge Katholiken im Freisinger Dom: Viele engagierte Leute sind ernüchtert. (Foto: Marco Einfeldt)

Auf dem Domberg hatten vor einem Jahr etwa 700 junge Christen Erzbischof Reinhard Marx vorgetragen, welche Themen sie besonders umtreiben. Bei diesem "Jugendforum" setzen sie die Gleichberechtigung von Mann und Frau an die erste Stelle. Was seit diesem "Update Kirche", so der Titel von Jugendkorbinian 2009, geschehen ist, sollte nun beim "Follow up" besprochen werden: bei "Kamingesprächen" mit dem Erzbischof am Samstagabend und einer weiteren Veranstaltung mit diesem am Sonntag.

Insgesamt, so lässt sich bilanzieren, sind viele der engagierten, junge Leute ernüchtert. Denn bei zahlreichen Forderungen sind keine Fortschritte zu verzeichnen. Nicht einmal zu der Geste, Ministrantinnen im Münchner Dom zuzulassen, ist das Domkaitel bereit.

In der Konkathedrale des Bistums, in Freising, begleiteten am Sonntag auch weibliche Gottesdiensthelfer den Bischof - und die Eucharistiefeier gestalteten die Pfadfinderinnen von Sankt Georg mit. Deren Wahlspruch lautet, die Welt ein bisschen besser zu hinterlassen, als sie vorgefunden worden sei. So appellierten die jungen Frauen im überfüllten Mariendom an die Pilger: "Setzt euch ein, damit die Kirche unsere Kirche wird." Gleichzeitig stellten sie fest, dass die Kirche "so festgefahren scheint und unsere Meinung nicht anhört, - aber fragen wird doch unseren Erzbischof", leiteten sie zu dessen Predigt über.

Den Ball nahm Marx jedoch nicht auf, wiewohl er ironisch behauptete, in seinen Worten nun "gebunden" zu sein. Vielmehr arbeitete er sich am Motto von "Korbi" ab. Sprachlich hatte er sich auf das junge Publikum durchaus eingestellt: Er übersetzte "Runterfahren" mit "Keep cool" und erklärte: Um zum Ziel des Lebens, zum Reich Gottes zu kommen, müsse man Innehalten und die Augen öffnen: "Schauen: Was ist wichtig? Wie kann ich meinen Standpunkt finden?" Denn nur so ließen sich Maßstäbe für das Leben entdecken.

Wie schwierig dies in einer Gesellschaft ist, in der schon die Zeit von Jugendlichen völlig verplant ist, nicht zuletzt damit, "schön" zu sein, gestand der Oberhirte freimütig zu. Und er bekannte: "Ich müsste zehn Kilo abnehmen. Auch der Bischof will auf den Tisch hauen, alle Terminkalender verbrennen und ein Sabbat-Jahr feiern." Doch dann nehme er sich eine ruhige Stunde, um neu Kraft zu schöpfen, um sich wieder zu engagieren.

Marx sprach den jungen Gottesdienstbesuchern Mut zu, sich bewusst für diesen Weg zu entscheiden: Es sei "die große Botschaft von Jesu", die Welt zu verbessern, sagte er und schrieb den jungen Christen die "Aufgabe" zu, auf Veränderungen hinzuweisen.

Dies ist vor einem Jahr während des Jugendforums und danach in weiteren Veranstaltungen geschehen: Da ging es um den Zölibat, das Priesteramt für Frauen oder die antiquierte Sexualmoral der Kirche. Im Aktionszelt wurde an einem Stand dokumentiert, was sich seither verändert hat. Kurz gesagt: Herzlich wenig. Diesen Eindruck nahmen auch Teilnehmer des Kamingesprächs mit dem Erzbischof mit nach Hause.

© SZ vom 15.11.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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