Freising:Exklusiv in zweiter Reihe

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Die Stadt ermöglicht mit dem Projekt "Ziegelhöfe" eine nicht ganz unstrittige Nachverdichtung in der historischen Altstadt, weil das Zentrum neben Arbeitsplätzen auch Wohnraum bieten soll

Petra Schnirch

Mitten in der Freisinger Altstadt entstehen derzeit 14 neue Wohnungen mit Tiefgarage, doch davon ist kaum etwas zu sehen - zumindest von der Hauptstraße aus. Nur der große Kran zeugt davon, dass sich die Stadt hinter der vordersten Häuserzeile verändert. Am Freitag feiert das Projekt "Ziegelhöfe" Richtfest, im Sommer werden die ersten Bewohner einziehen. Das Zentrum zu beleben, dort nicht nur Arbeitsplätze, sondern auch Wohnraum zu bieten, ist eines der Ziele der Stadt. Ob sich ein Areal dafür eigne, sei in diesem sensiblen Bereich aber immer eine Einzelfall-Entscheidung, sagt Bauamtsleiter Gerhard Koch. Es könne nicht einfach alles zugebaut werden.

Ein vergleichbares Grundstück - ruhig, aber sehr zentral gelegen - werde sich in der Innenstadt nicht mehr so schnell finden lassen, schwärmt Bauunternehmer Andreas Adldinger. Auf einer 2700 Quadratmeter großen Fläche zwischen Ziegelgasse, Oberer Hauptstraße und Kochbäckergasse wachsen derzeit zwei dreistöckige Gebäude in die Höhe, ein Einfamilienhaus ist in Planung. Das bestehende Wohnhaus an der Ziegelgasse 5 wird saniert. Das Projekt im Herzen der Altstadt war allerdings nicht unumstritten. Obwohl die Denkmalschützer früh einbezogen wurden, äußerten sie plötzlich doch "erhebliche Bedenken", dass die Gebäude zu hoch würden. Das Landesamt für Denkmalpflege lehnte es ab, "ehemals unbebaute historische Innenstadtquartiere weiter zu verdichten". Die Stadträte aber blieben dabei: Sie wollten an dieser Stelle neuen Wohnraum schaffen.

In dieser Lage aber hat das seinen Preis: Ebenso exklusiv wie die Ausstattung der Räume durch den Designer Stefan Diez, einen gebürtigen Freisinger, ist auch der Preis. Eine 169 Quadratmeter große Vier-Zimmer-Wohnung beispielsweise kostet 845 000 Euro - dennoch sind zehn der Wohnungen bereits verkauft.

Das Hinterhof-Areal lag viele Jahre lang brach. Der ehemalige Daurer-Bräu war bereits 1956 verkauft worden, zunächst war dort ein Lichtspieltheater geplant. Das Projekt wurde aber nie verwirklicht, was auch an der engen Zufahrt lag. Die alte Brauerei verfiel zusehends. Im vorderen Gebäude, dem früheren Wirtshaus, befindet sich heute das Café Central. Die benachbarte Autowerkstatt, die Härtinger-Halle, war vor etwa 15 Jahren aufgegeben worden, danach zog dort für einige Jahre ein Möbelgeschäft ein. Dass für das Vorhaben drei Grundstücke zusammengelegt werden konnten, habe es ermöglicht, eine "vernünftige Lösung" zu finden, so Koch. Nächste Herausforderung für die Planer wird vermutlich das Praetner-Areal sein.

Mit einem städtebaulichen Gutachten für ein 1,8 Hektar großes Quartier zwischen Oberer Hauptstraße und Oberem Graben hatte die Stadt 2009 die Grundlage für die Bebauung an der Ziegelgasse geschaffen, um das neue Quartier gut anzubinden. Neben dem Café Central ist ein Durchgang vorhanden, später sollen die Ziegelhöfe nach Möglichkeit auch zur Kochbäckergasse hin geöffnet werden.

2010 lobte Bauunternehmer Adldinger einen Architektenwettbewerb aus, um das Daurerbräu- und das Härtinger-Grundstück sowie den früher zur Ziegelgasse 5 gehörenden Garten überplanen zu lassen. Der Zweitplatzierte, das Münchner Büro Plan-Z, erhielt schließlich den Zuschlag - auch weil die Gebäude nicht ganz so hoch gewesen seien wie beim Siegerentwurf, sagt Adldinger. Trotz der dreistöckigen Gebäude sei die Geschossflächenzahl für die Innenstadt relativ niedrig, betont er. Es gebe noch viel Grün drum herum. Die Architekten beschreiben ihr Prinzip so: Mit polygonalen Baukörpern schaffen sie Platz, "wo keiner ist".

Eine Herausforderung ist die Hinterhof-Lage für die Baufahrzeuge. Die Zufahrt zu der Wohnanlage erfolgt über die Ziegelgasse. Mit großen Lastwagen komme man nicht durch, schildert Adldinger. Deshalb habe man kleinere und "sehr gelenkige" Fahrzeuge eingesetzt. Und es "stehen noch alle Hausecken", fügt er hinzu.

Bevor Bagger und Lastwagen anrollten, kamen aber die Archäologen. Sie rechneten mit Funden aus dem alten Freising auf der lange Zeit unberührten Fläche. Und tatsächlich entdeckten die Experten Keramik und Ziegel, außerdem etwa 15 Gruben - möglicherweise Brennöfen, in denen im Mittelalter Metall verarbeitet wurde. Allerdings bestehen noch einige Zweifel, weil die Brandspuren bei einer Eisenverhüttung eigentlich kräftiger sein müsste, wie Erwin Neumair vom Archäologischen Verein Freising erklärt. "Die Fläche ist zu klein, um Genaueres sagen zu können." Weitere Erkenntnisse erhofft er sich, wenn in der näheren Umgebung wieder einmal gebaut wird.

© SZ vom 14.02.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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