Bei wachsender Arbeitsbelastung:Polizei hat zu wenig Personal

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Der Straßenverkehr steht immer häufiger vor dem Kollaps, die Zahl der Ruhestörungen nimmt zu

Birgit Goormann-Prugger

FreisingDie Polizeiinspektionen in Freising, Neufahrn und Moosburg, die Kripo in Erding und die Verkehrspolizeiinspektion (VPI) haben alle das gleiche Problem. Die Aufgaben für die Ordnungshüter im boomenden Ballungsraum rund um den Flughafen nehmen von Jahr zu Jahr zu, die Personaldecke jedoch wird immer dünner. Die Leiter der Inspektionen, die zum Sommergespräch mit dem CSU-Landtagabgeordneten Florian Herrmann im Bräustüberl geladen waren, haben dem Politiker dann auch eine ganze Reihe von Hausaufgaben mitgegeben. "Es geht immer irgendwie, zusperren müssen wir noch nicht" - das war an diesem Abend immer wieder zu hören. Zwischen den Zeilen aber war auch die Mahnung herauszuhören: "Lange geht das nicht mehr so weiter".

Für jede Polizeiinspektion gibt es eigentlich eine sogenannte Soll-Stärke beim Personalbestand. Das Problem: Sie entspricht eigentlich nie der Realität. "Jeder von uns arbeitet doch zu 20 oder gar 25 Prozent unter der Soll-Stärke", sagte Michael Schmid, Leiter der VPI Freising. Zum 1. August wurde zwar zusätzliches Personal auf die Dienststellen verteilt, doch das ersetzt dort oft die Kollegen, die dauerhaft krank oder in Rente gegangen sind, die versetzt wurden, oder Polizistinnen, die im Mutterschutz sind. Der PI Freising beispielsweise wurden zum 1. August acht neue Kollegen zugeteilt. "Geblieben ist mir nur einer, eigentlich zwei, aber einer hat die Prüfung nicht bestanden", berichtete Freisings Polizeichef Anton Hemmer. In Neufahrn ist die Sache laut PI-Leiter Vogtleitner "plus minus null" ausgegangen. "Zwei sind gekommen, zwei sind gegangen", und VPI-Chef Schmid hat acht erfahrene Kräfte ziehen lassen müssen und dafür acht junge, unerfahrene Beamte bekommen. "Die müssen wir an die Hand nehmen, da kann man nicht so effektiv arbeiten wie vorher, das ist auch eine Belastung", sagte er. Hinzu kommen diejenigen, die nach vielen Dienstjahren nicht mehr schichtdienstfähig sind. "Das ist unser größtes Problem", so Anton Hemmer. Ein Jahr lang habe er größte Schwierigkeiten gehabt, den Schichtbetrieb aufrecht erhalten zu können. Dabei wird die Arbeit für die Freisinger Polizei nicht weniger.

Die Bevölkerung ist stark angewachsen, der Straßenverkehr steht immer wieder vor dem Kollaps. "Oft kommen wir am Wochenende auch kaum zu den so wichtigen, weil präventiven Alkoholkontrollen, weil wir von einer Ruhestörung zur nächsten gerufen werden." Meist seien das private Feiern. "Die Menschen sind respektloser geworden, nicht nur der Polizei gegenüber, auch dem direkten Nachbarn". Der wiederum rufe gleich die Polizei, bevor er zunächst selbst beim Nachbarn klingelt. Auch die Verkehrspolizei könne ihre Präventivarbeit, wie die Überwachung des Verkehrs auf der Autobahn bisweilen nur noch eingeschränkt leisten angesichts der zahlreichen zusätzlichen Aufgaben, so VPI-Leiter Michael Schmid. Da seien allein die vielen Staatsbesuche, die vom Münchner Flughafen aus über die Autobahn an ihren jeweiligen Zielort gebracht werden müssten. Je nach Sicherheitsstufe des ausländischen Besuchers - bei Stufe eins und zwei hat der Gast beispielsweise die Autobahn für sich alleine - müsse die VPI 20 Autos und zwischen 20 und 40 Mann manchmal bis zu fünf Stunden dafür abstellen. "13 Staatsbesuche hatten wir allein in diesem Jahr, das sind 1500 zusätzliche Arbeitsstunden." In dieser Zeit seien dann eben keine Laserkontrollen auf der Autobahn möglich, ebenso wenig könne man die notorischen Drängler stoppen, die so oft Unfälle auf der Autobahn verursachen würden. Ein weiterer Punkt sind die Fußballspiele in der Allianzarena. Auch dafür müsse die VPI immer zwei bis drei Kollegen abstellen. "Bei einer Panik im Stadion oder einer Bombendrohung laufen 70 000 Leute auf einmal raus. Und die Autobahn muss als Rettungsweg frei gehalten werden." Viele Stunden im Jahr sei die VPI damit beschäftigt. "Für andere Aufgaben stehen diese Kollegen dann eben nicht zur Verfügung", so Michael Schmid.

Dann gibt es noch die Schreibtischarbeit. Thema Fahrerermittlung: Jemand fährt zu schnell, wird geblitzt, will aber nicht gefahren sein, obwohl das ein Foto eindeutig beweist. 1500 Fälle dieser Art musste allein die Neufahrner Polizei 2011 abarbeiten. "Oft fahren wir da drei Mal raus", berichtete Neufahrns Polizeichef Peter Vogtleitner. "Erst schickt der Halter das Schreiben, in dem er den Fahrer angeben soll, nicht zurück, dann fahren wir hin und er ist nicht da, beim nächsten Mal macht er einfach nicht auf".

© SZ vom 20.08.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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