Frauentragen in Finnland:"Die Frau muss sich am Mann festzurren"

Lesezeit: 3 Min.

Beim Frauentragen im finnischen Sonkajärvi hat der Münchner Thomas Spiegl seine Wettkampfpartnerin 250 Meter über einen Parcours getragen. Mit uns sprach er über seine Trainingsmethoden und das Image des Sports.

Pia Röder

Die Münchner Thomas Spiegl und Anke Kindl haben in Finnland an der 13. Weltmeisterschaft im Frauentragen teilgenommen und das äußerst erfolgreich. "Der Parcours hat es in sich", hat Spiegl vorab gesagt. Exakt 253,5 Meter weit muss der Mann die Frau tragen, so schnell wie möglich. Die Trasse führt über Sand, Gras und Asphalt, die Paare müssen Hindernisse überbrücken und sogar durch ein Meter tiefes Wasser laufen. Das heißt für die Damen Luft anhalten. Und im Fall von Anke Kindl: auf die Zähne aufpassen.

Auf dem Trimmdich-Pfad an der Isar haben Thomas Spiegl und Partnerin Anke Kindl für die Weltmeisterschaft im Frauentragen trainiert. (Foto: Foto: ddp)

sueddeutsche.de: Herr Spiegl, sie kommen gerade nach einem kuriosen Wettbewerb zurück aus Finnland. Sie haben eine Frau 250 Meter weit getragen. Wievielter sind Sie geworden?

Thomas Spiegl: Wir haben den Parcours in einer Minute, drei Sekunden und drei Zehntel geschafft. Erst kurz vor Schluss haben wir gemerkt, dass wir knapp den Titel verpasst haben. Da waren wir schon ein wenig enttäuscht. Aber Vizeweltmeister zu sein, ist natürlich auch super.

sueddeutsche.de: Woher kommt die Faszination für eine solche "Sportart".

Spiegl: Das ist ja eigentlich ein Jux. Vor neun Jahren hat Anke, meine Wettkampfpartnerin, davon in einem Männermagazin gelesen. Bisher kam immer etwas dazwischen. Erst ihre Schwangerschaften, dann eine Verletzung meinerseits. Jetzt hat es endlich mal geklappt. Wir haben ganz spontan den Flug gebucht und schon ging es los.

sueddeutsche.de: Sie haben vorab gesagt, dass sie nicht dorthin fahren, um nur mit dem zehnten Platz nach Hause zu kommen. Das klingt ehrgeizig.

Spiegl: Sportlich gesehen bin ich mit 39 ja ein alter Sack. Aber wir haben wahnsinnig viel trainiert. Ich hatte endlich wieder ein Ziel vor Augen und habe mich richtig reingehängt. In den letzten neun Monaten habe ich im Schnitt fünfeinhalb Tage pro Woche nur trainiert.

sueddeutsche.de: Wie genau bereitet man sich auf so etwas vor?

Spiegl: Zum einen habe ich viel alleine trainiert - Kraft und Ausdauer. Ich habe zum Beispiel oft 400- oder 500-Meter-Sprints gemacht. Anke hat ihre Nacken- und Halsmuskulatur trainiert. Ein Mal die Woche habe ich sie dann einfach getragen. Auf dem Trimmdich-Pfad an der Isar sind wir über die Hindernisse geklettert.

sueddeutsche.de: Und wie lief es dann während des Rennens? Ging da alles glatt?

Spiegl: Beim Sprung in die Wassergrube hat Anke sich den Kiefer angeschlagen und dachte erst, sie hat zwei Schneidezähne verloren. Aber das hat uns noch mal einen Schub gegeben und sie meinte 'Wenn ich schon zwei Zähne verliere, dann müssen wir auch gewinnen!'.

sueddeutsche.de: Es gilt bei dem Rennen als ehrenhaft, wenn der Mann eine besonders schwere Frau trägt. Ihre Partnerin wiegt gerade mal 49 Kilo, das Minimalgewicht. Fühlen sie sich da nicht ein wenig schwach?

Spiegl: Die anderen Frauen waren ja auch alle so schlank. Allerdings waren das eher große Püppchen. Anke ist sehr klein und sportlich und deshalb so leicht. Aber es hat noch eine Irin bei dem Rennen mitgemacht, die wiegt 120 Kilo und ist jedes Jahr dabei. Vier Minuten Dreißig haben sie und ihr Partner bis ins Ziel gebraucht. Er musste sie mehrmals absetzen, aber dafür gibt's Punktabzug.

sueddeutsche.de: Eigentlich entspricht es nicht dem modernen Frauenbild sich huckepack, von einem Mann durch die Gegend tragen zu lassen. Da denkt man sofort an tiefste Steinzeit.

Spiegl: Nein, so ist das ja nicht. Man kann nur gut sein, wenn man eine perfekte Symbiose bildet. Die Frau muss sich so am Mann festzurren, dass sie wie ein maßgeschneiderter Rucksack an ihm hängt. Das geht nur, wenn man ein eingespieltes Team ist.

sueddeutsche.de: Wollen sie noch einmal antreten? Oder war das eine einmalige Sache?

Spiegl: Ich glaube nicht, dass wir das wieder machen. Der Medienrummel war so groß, da wäre es seltsam, wenn wir nächstes Jahr noch mal das Gleiche machen würden.

sueddeutsche.de: Sie sind unverheiratet. Wenn es denn mal soweit ist, wie würden sie ihre Gattin über die Schwelle tragen. Auch geschultert?

Spiegl: Nein, ganz klassisch auf den Armen natürlich.

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