Frankfurter Buchmesse:Die Münchner im Bücherhimmel

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Wer im Literaturbetrieb wichtig ist, fährt zur Buchmesse nach Frankfurt. Auch dieses Jahr tummeln sich dort wieder viele Münchner Autoren und Verleger. Wir haben uns mal unters Publikum gemischt.

Christina Maria Berr

Es braucht, so scheint es, die Frankfurter Buchmesse, damit sich der große Münchner Literaturbetrieb treffen kann. Autoren und Verlagsleute, die sich zu Hause lange nicht gesehen haben, begegnen sich nun - zufällig oder verabredet - auf den langen Gängen zwischen den Verlagsständen.

Präsentiert ihr Buch "Herztöne" auf der Frankfurter Buchmesse: Katja Kessler. (Foto: Foto: dpa)

Dieter Hildebrandt, der bei Randomhouse aufgetaucht ist, hat eine Erklärung: "Sobald die Bayern in der Fremde sind, werden sie unsicher und suchen sich", sagt der Kabarettist - und da erscheint, wie auf Zuruf, sein Lektor aus München.

Die Verlagsgruppe Randomhouse hat eine ganze Ecke in Halle 3 besetzt, sie wirkt wie eine eigene kleine Messe auf der Messe - mit sehr unterschiedlichen Verlagen. Während auf der der einen Seite zwischen Pantheon, DVA und Manesse alles eher edel und intellektuell-ruhig wirkt, ist zwischen den Verlagsständen von Blessing, Heyne und Diana eine Art Glamour- und Promimeile entstanden: Fernsehkoch Tim Mälzer signiert Bücher, Wetten-dass-Dauermoderator Thomas Gottschalk schaut vorbei, dazwischen sucht Rosi von den Jacob Sisters sowohl einen Verlag als auch einen Autor für eine Biografie.

"Man lehnt an den Bücherregalen und plaudert über Bücher"

Die frühere "Bild"-Society-Reporterin Katja Kessler, mittlerweile Gattin von "Bild"-Chef Kai Diekmann, posiert in zehn Zentimeter hohen Glitzersandalen gekonnt vor ihrem Roman "Herztöne" und genießt ihr Autorendasein mitten im hektischen Buchmessengeflirre: "Man lehnt hier mit so viel Ruhe und Gemütlichkeit, die man sonst nicht hat, an den Bücherregalen und plaudert über die Bücher." Da hat sie schon der Münchner Verleger Florian Langenscheidt entdeckt und schleppt sie zu Kesslers Baby-Buch, das im Januar erscheinen wird. Langenscheidt hat gleich mal zehn Exemplare vorbestellt. Sie selbst hat es noch gar nicht gesehen.

Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit gibt derweil bei Blessing Interview um Interview zu seinem Buch "...und das ist auch gut so", schimpft über ungerechte Kritiken und muss dann schnell zu einer Gesprächsrunde. In welche Halle man im Laufe des Tages auch kommt, meist ist Wowereit schon da und talkt.

Auch NRW-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers ist da, Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier soll herumschwirren, sein Vorgänger Joschka Fischer telefoniert auf der Rolltreppe: Es ist wohl ein Tag der Politiker. Nur Regierende aus Bayern sind nicht zu entdecken. "Die sind zu faul, ein Buch zu schreiben", mutmaßt Dieter Hildebrandt, der mit Roger Willemsen sein neues Werk vorstellen will.

Mittlerweile hat Joschka Fischer gegenüber dem Stand des C.H.Beck-Verlags einen Medienrummel ausgelöst. "Wenn Fritz Stern und Saul Friedländer an den Stand kommen, ist bei uns genauso viel los", meint Belletristik-Programmchef Martin Hielscher gelassen und begrüßt den Schriftsteller Björn Kern. Beck-Autor Friedländer bekommt immerhin den diesjährigen Friedenspreis des Deutschen Buchhandels.

Auch am Carl Hanser Verlag ist mächtig was los. Dort hat man - bereits nobelpreisverwöhnt - der diesjährigen Verkündung des Preisträgers gelassen entgegen gesehen. Vier Hanser-Autoren, unter anderem der Amerikaner Philip Roth, sind im Vorfeld für die höchste literarische Auszeichnung gehandelt worden. In diesem Jahr wurde es nichts, doch Verleger Michael Krüger ist zufrieden. "Ich bin froh, weil wir das beste Literaturprogramm überhaupt haben", sagt er und lacht.

Piper-Champagner

Während an den großen Ständen mittlerweile kaum mehr ein Durchkommen ist, kann man beim Knesebeck-Verlag in Ruhe in den Büchern blättern. Die dortige Attraktion: Ein Luxus-Fotoband von Yann Arthus-Bertrand, 13 Kilo schwer und 1500 Euro teuer. Auch bei Kunstmann ist es nicht ganz so voll, doch der Verlag bekommt von Jahr zu Jahr mehr Aufmerksamkeit, präsentiert dieses Jahr 25 Neuerscheinungen.

Beim Piper-Verlag gibt es Piper-Champagner. Verleger Wolfgang Ferchl schwärmt derart enthusiastisch von den neuen Publikationen, dass man jegliche Messemüdigkeit vergisst. Derweil kommen immer wieder Neugierige, die im Werk von Bild-Chefredakteur Kai Diekmann blättern. Teilweise minutenlang. Das ist erstaunlich, gibt es doch zwischen den Buchdeckeln nur Blankoseiten in der Messeausgabe. Das eigentliche Buch "Der große Selbstbetrug. Wir wir um unsere Zukunft gebracht werden" soll erst Ende Oktober erscheinen. Erwartet wird eine Auseinandersetzung mit den 68ern und ihrem Erbe.

Und während Ferchl beim geheimnisumwitterten Walter Moers angekommen ist, kündigt eine Lautsprecherstimme das Ende des Buchmessentages an.

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