Footbag:Kleiner Ball, große Kunst

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Gummihüpfen ohne Gummi. Vielleicht lässt sich so am ehesten beschreiben, wie die noch junge Sportart aussieht, die Footbag heißt. Kleine Säcke mit den Füßen jonglieren und dabei möglichst artistische Tricks kombinieren, ist das Ziel des Spiels. In München gibt es bald den ersten Verein. Von Birgit Lutz-Temsch

Max balanciert mit dem rechten Fuß einen kleinen Stoffball, kickt ihn in die Höhe, duckt sich mit dem ganzen Körper unter ihm durch und fängt ihn mit dem linken Fuß wieder auf. Danach kommt der nächste Trick. Max schwitzt, Björn und Beatrice feuern ihn an.

Das ist der Clipper. (Foto: Foto: Stephan Rumpf)

Möglichst lang den Ball nicht fallen lassen und dabei möglichst viele und möglichst artistische Tricks kombinieren - darauf kommt es an bei diesem Gehüpfe, das Footbag heißt. Und allem Anschein nach ziemlich anstrengend ist. Fast schwindlig wird dem Zuschauer von dem schnellen Auf und ab des kleinen Balls und den zuckenden Bewegungen des Spielers.

Seinen Ursprung hat Footbag in den USA. Zwei Freunde, Mike Marshall und John Stalberger, füllten dort 1972 eine Socke mit Mais, um nach einem Unfall ein Knie wieder flott zu bekommen. Das Training mit dem Ball machte so viel Spaß, dass die beiden einen richtigen Sport daraus machten, die International Footbag Players Association (IFPA) gründeten und Meisterschaften ausrichteten.

Von den USA schwappte Footbagging nach Europa - im vergangenen Jahr fand die Weltmeisterschaft erstmals außerhalb der Staaten, in Prag, statt. In München will Max den Sport gemeinsam mit seiner Schwester Beatrice und seinem Freund Björn bekannter machen, und demnächst auch einen schon früher gegründeten Verein wieder reaktivieren. "Ich habe schon länger einfach so rumgekickt, und dann im Internet irgendwann Videos von Profis gesehen. Das fand ich so irre, dass ich das auch richtig lernen wollte", erzählt Max.

Bis jetzt treffen die drei noch auf viel Unverständnis, wenn sie von ihrem Sport erzählen. Oft wird Footbag mit Hacky Sack verwechselt, das auf Schulhöfen, in Parks oder auf öffentlichen Plätzen immer häufiger gespielt wird.

"Hacky Sack ist anders", sagt Max, "es wird mit gehäkelten Bällen gespielt, und die kickt man eigentlich nur so hin und her. Beim Footbag dagegen hat man Stoffbälle, die mit Sand oder Plastikkügelchen gefüllt sind, und es gibt eine Unmenge von Tricks, die man lernen und mit denen man dann an Meisterschaften teilnehmen kann. So was gibt es bei Hacky Sack gar nicht."

Bei den Meisterschaften zeigen die Teilnehmer anderthalb Minuten lang eine Kür, die sie sich vorher antrainiert haben, bei Profis dauert die Vorstellung zwei Minuten. "Die richtigen Könner werfen während der gesamten Kür den Ball kein einziges Mal runter, und die Tricks sind sogar noch auf die Musik abgestimmt", sagt der 25-jährige Björn mit Bewunderung in der Stimme.

Die Tricks sind zum Teil so schwierig, dass sie kaum zu schaffen sind - deshalb heißt einer auch Nemesis, für dessen Ausführung man fast en Sportstudium braucht. Die einfacheren, die man zu den Grundlagen des Footbag zählen kann, nennen sich toe delay, bei dem der Ball mit den Zehen gefangen wird, oder around the world, bei dem der Ball mit den Zehen hochgeworfen, einmal mit dem Fuß umkreist und auf den Zehen wieder aufgefangen wird.

Wenn die drei im Hirschgarten shredden, so heißt das Training der Footbagger, sammelt sich schnell eine kleine Menschentraube um sie herum an. "Damit könntet ihr im Zirkus auftreten", sagt eine ältere Frau respektvoll, ihr Begleiter allerdings spottet: "Mei, habts denn ihr nichts Besseres zu tun?".

Die dankbarsten Zuschauer sind Kinder. "Die fragen uns oft, was wir da eigentlich machen und ob sie das auch mal ausprobieren dürfen. Manchmal spielen wir dann den ganzen Nachmittag mit ihnen", sagt Max.

Dass Footbag als Sport noch nicht richtig bekannt geworden ist, liege auch daran, dass bis jetzt noch wenig Geld damit zu machen sei, sagt Björn. "Footbagger brauchen ja keine riesige Ausrüstung. Du hast deine Schuhe, den Ball, kurze Hosen, und kannst damit eigentlich überall loslegen." Sponsorenverträge und große Preisgelder gibt es denn auch für Footbag-Profis noch nicht.

Doch darum geht es beim Shredden auch gar nicht, sondern eher um die Gemeinschaft. "Wenn du mal in einer anderen Stadt bist, und weißt, hier gibt es auch Footbagger, dann kannst du sicher bei denen übernachten", sagt Björn. Außerdem mache das Training fit. "Du musst dich konzentrieren, Balance halten können und eine Riesen-Ausdauer haben", sagt Beatrice.

Weil Footbag den Sportler auf diese vielfältige Weise fordert, wird es in der Schweiz sogar schon im Schulsport angeboten. "Dort oder auch in Berlin ist Footbag schon viel populärer, und es wird viel mehr Promotion gemacht, das fehlt in München noch völlig", sagt Max.

Björn erntet derweil Applaus von Beatrice: Nach etlichen Versuchen hat er endlich den Drifter geschafft: Den Ball mit den Zehen hochgeworfen, mit dem anderen Fuß von innen nach außen umkreist, und mit dem werfenden Fuß in Clipper-Stellung, also auf der Fuß-Innenseite, wieder aufgefangen. Ganz einfach.

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