Folgen der Nahverkehrs-Kürzungen:Weniger Leistung für mehr Geld

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Streicht die Regierung wie vorgesehen, wird das die klammen Verkehrsbetriebe hart treffen: Letztlich werden die Folgen wohl am Fahrgast hängen bleiben, wie das Beispiel München zeigt.

Dominik Hutter

Die geplanten Einsparungen bei den Nahverkehrsgeldern dürften in München vor allem S-Bahnen und Regionalzüge treffen. Denn diese Verkehrsmittel hängen besonders stark am Tropf der so genannten Regionalisierungsmittel, die bis 2009 um gut 15 Prozent sinken sollen.

Die Verkehrsbetriebe warnen: Verringert der Bund seine Zuschüsse, so werden das auch die Kunden zu spüren bekommen. (Foto: Foto: AP)

"Das wäre schon ein immenser Einschnitt", stöhnt MVV-Chef Alexander Freitag. Höhere Fahrpreise und ein schlechteres Angebot gelten als denkbare Folge.

Wie verhält sich der Freistaat?

Was genau mit dem ohnehin schon durch Kürzungen gebeutelten Nahverkehr passieren wird, hängt von der Haltung des Freistaats ab - der kassiert die Nahverkehrsgelder aus Berlin und schreitet dann zur Verteilung.

Bisher sieht das so aus: Von bundesweit sieben Milliarden Euro geht eine Milliarde gen Bayern - und davon wiederum dienen knapp 800 Millionen als "Kilometergeld" für S-Bahnen und Regionalzüge.

München spielt dabei eine besondere Rolle: Mehr als ein Fünftel des bayerischen "Kilometergelds" ist allein für den Betrieb des 442 Kilometer langen S-Bahn-Netzes reserviert.

Transrapid fraß bereits Millionen

Zusätzlich dienen Regionalisierungsgelder für diverse Nahverkehrs-Investitionen: das 520-Millionen-Mark-Ausbauprogramm der S-Bahn etwa oder neue Züge. Fest eingeplant für diesen Etat sind auch schon die zweite S-Bahn-Stammstrecke, der Ringschluss Erding und der Ausbau der Strecke Richtung Geltendorf.

Allerdings flossen auch schon Millionen in die Planung des Transrapids, wie Kritiker immer wieder bemängeln. Im Landtag wurde bereits mehrfach über die angebliche Zweckentfremdung von Nahverkehrsgeldern gestritten. Berliner Haushaltspolitiker sehen daher gerade in diesem Bereich Einspar-Potenziale.

Für den Freistaat bedeutet das neue Sparprogramm konkret: gut 50 Millionen weniger schon 2006. Später werden es jährlich mehr als 150 Millionen weniger sein. Zum Vergleich: Diese Summe entspricht fast dem jährlichen Bestellerentgelt fürs Münchner S-Bahn-Netz.

"Die von der neuen Bundesregierung geplanten Einsparungen würden erhebliche Auswirkungen auf den Schienennahverkehr haben", warnt daher Ministerialdirigent Dieter Wellner vom Bayerischen Verkehrsministerium. Bayern werde sich auf Bundesratsebene für "angemessene Regionalisierungsmittel" einsetzen.

Was das genau bedeutet, bleibt interpretationsfähig. Nach SZ-Informationen war der Freistaat aber schon in den Koalitionsverhandlungen nicht ganz glücklich mit den geplanten Nahverkehrskürzungen und will nun sondieren, ob eine schlagkräftige Anti-Rotstift-Koalition möglich ist. Die Länder können das Vorhaben des Bundes kippen, da die Regionalisierungsgelder eigentlich bis 2007 vertraglich festgezurrt sind.

"Konsequenzen fürs Angebot und den Preis dieses Angebots wird es geben", ist sich auch MVG-Chef Herbert König sicher. Für die aktuelle Fahrpreisrunde dürfte dies allerdings noch keine Rolle spielen, da man zunächst nur geplante Änderungen auf Bundesebene nicht "vorauseilend" auf die Fahrgäste umlegen wolle. In der entscheidenden MVV-Gesellschafterversammlung am 9. Dezember werden daher eher die immens angestiegenen Energie- und Kraftstoffpreise zur Sprache kommen.

Kräftige Preiserhöhung 2006

Es dürfte aber auch so locker ausreichen für eine deftige Fahrpreiserhöhung zum Frühjahr 2006 - zumal die Regionalisierungsmittel nicht die einzige Kürzungsfront sind. Allein die MVG hat durch die Minusrunden bei Schüler- und Azubi-Zuschüssen sowie diverse weitere Einschnitte im Anti-Subventions-Papier von Roland Koch und Peer Steinbrück jedes Jahr Millioneneinbußen zu verdauen. Ein Teil davon wurde immerhin vom Freistaat ausgeglichen - mit Regionalisierungsgeldern.

© SZ vom 24.11.2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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