Flugpassagiere:"Da kriegt man Angst"

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Mehrere Flüge nach Amerika werden nach München zurück geleitet - die Passagiere reagieren schockiert.

(SZ vom 12.9.2001) - Nach den Terroranschlägen in den USA herrscht am Münchner Flughafen bei Personen- und Gepäckkontrollen höchste Sicherheitsstufe.

Die Passagiere reagierten "schockiert, aber gefasst" auf die Nachricht. (Foto: Foto: Florian Rath)

Wer heute oder in den nächsten Tagen fliegen will, muss aus diesem Grund nach Angaben eines Flughafensprechers mit längeren Wartezeiten rechnen und sollte "frühzeitig da sein".

Mehrere Maschinen, die vom Flughafen München in die Vereinigten Staaten unterwegs waren, wurden gestern nach den Anschlägen sofort auf Flughäfen außerhalb der Vereinigten Staaten umgeleitet.

Drei Maschinen kehren zurück

Die Lauda Air nach Miami, die Lufthansa-Maschinen nach Los Angeles und San Francisco, sowie eine Maschine der Delta Airlines nach New York kamen noch am Dienstagabend wieder in München an.

Eine weitere Delta-Maschine nach Atlanta wurde nach St. John's in der kanadischen Provinz Neufundland umdirigiert, die Passagiere des Lufthansa-Flugs nach New York landeten in Shannon, Irland. Eine Lufthansa-Maschine nach Chicago flog Montreal an.

Am Flughafen geht man davon aus, dass zumindest heute alle Flüge in die USA abgesagt werden. Wann der Luftraum wieder geöffnet wird, war gestern noch nicht abzusehen.

Die Lufthansa-Maschine LH 452 nach Los Angeles, in der viele amerikanische Staatsangehörige saßen, machte über Grönland kehrt und landete um 18.50 Uhr in München.

Der Pilot hatte die Fluggäste mit einer Durchsage über die Terroranschläge in den USA informiert.

Die Passagiere hätten "schockiert, aber gefasst" auf die Nachricht reagiert, berichteten Mitreisende.

Man sei nur in "großer Sorge" gewesen über Verwandte und Freunde in der Heimat, sagt der Siemens-Angestellte Robert Kulewicz, der gestern seine Frau vom Flughafen abholte und sehr erleichtert war.

Seinen Bruder, der als Stock-Broker im World Trade Center arbeitet, hatte er kurz zuvor übers Handy erreicht. Der Mann konnte sich nach der ersten Explosion aus dem Gebäude retten.

Nicht nur am Flughafen verfolgen viele Reisende mit bedrückten Gesichtern an Bildschirmen die Schreckensmeldungen aus den USA.

In der Stadt steht das Leben still

Auch in der gesamten Münchner Innenstadt - am Hauptbahnhof, in Kaufhäusern und vor Kneipen - steht gestern nachmittag das Leben still.

Überall bilden sich Menschentrauben vor Leinwänden. Die Stimmung schwankt zwischen Ratlosigkeit und blankem Entsetzen, viele Menschen haben Tränen im Gesicht. "Da kriegt man Gänsehaut. Da kriegt man Angst. Man weiß ja nicht, wo die das noch alles machen," sagt eine ältere Dame in der Halle des Hauptbahnhofs.

Vor dem Großbildschirm herrscht Gedränge, alle schauen gebannt auf die Bilder von den qualmenden, in sich zusammen brechenden Türmen des World Trade Centers und auf die Rauchwolken über dem Pentagon.

Viele erfahren erst hier, was überhaupt geschehen ist.

"Sofort nach Hause! Fernsehgucken!"

Ein junger Mann, der mit einer Gruppe junger Leute nur zufällig neben der Menschentraube steht, wird via Handy informiert. "Waas?" ruft er ins Telefon, klärt dann atemlos seine Freunde auf und ruft aus: "Sofort nach Hause! Fernsehgucken!"

"Ich weiß selbst nicht, was ich dazu sagen soll", stammelt ein Ägypter, der in dem Moment erfahren hat, was geschehen ist. "Es ist auf jeden Fall etwas Schreckliches."

Zu dem Verdacht, palästinensische Selbstmordattentäter könnten dahinter stecken, sagt er: "Man darf niemanden zu schnell verurteilen."

"Was soll man dazu sagen"

Ein Amerikaner steht mit feuchten Augen vor dem Bildschirm. Er möchte nichts sagen, geht mit einer abwehrenden Handbewegung weg.

"Was soll man dazu sagen", sagt ein junger Mann. "Man kann aber noch niemandem eine Schuld zusprechen. Klar, dass die Amerikaner wissen wollen, wer es war. Sicher ist jedenfalls, dass es Konsequenzen haben wird. Sowas Erschütterndes gab es schon lange nicht mehr."

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