Flughafen-Panne:Warum China sauer auf München ist

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Wenn der Flug gestrichen ist und die Nacht auf dem Fußboden verbracht werden muss, geraten sogar Chinesen in Rage. Die Presse in Peking zürnt über die "kalte und unfaire Behandlung" ihrer Landsmänner auf dem Flughafen.

Von Dominik Hutter

Beim Reisen, das ist bekannt, muss mit Unannehmlichkeiten gerechnet werden. Vor allem, wenn man in die entfernteren Ecken des Erdballs aufbricht.

Warten hieß es für die 45 chinesischen Passagiere auf dem Münchner Flughafen. (Foto: Foto: ap)

Zum Beispiel nach München, dessen Flughafen derzeit in Peking Negativ-Schlagzeilen macht. Zusammen mit der bekanntesten deutschen Airline Lufthansa, die, so ätzt die auflagenstarke Beijing Evening News, ihre chinesischen Passagiere einer "kalten und unfairen Behandlung" aussetzt.

18 Stunden lang, berichtete die empörte Touristin Sun Yin dem Blatt, habe man wegen einer Flugzeug-Panne auf dem Münchner Airport verbringen und dabei auch noch auf dem Fußboden nächtigen müssen.

Deutschland beginnt hinter dem Zollschalter

Das nächste Hotelzimmer lag in unerreichbarer Ferne: in Deutschland, das erst jenseits des Zollschalters beginnt und ohne gültiges Visum nicht betreten werden darf. Ein solches war leider nicht mehr vorhanden - seit der soeben erfolgten Ausreise.

Was war passiert? Sun Yin hat die chinesische Presse detailliert über ihren München-Alptraum informiert: 22. August, 16.00-16.20 Uhr: 45 chinesische sowie Passagiere anderer Nationalität kommen gemeinsam am Flughafen an, um das planmäßig um 21.05 Uhr abfliegende Flugzeug nach Schanghai zu nehmen.

Gemeint ist LH726 - ein Airbus A340, an dem, wie die Lufthansa später bedauert, zu diesem Zeitpunkt wegen eines technischen Defekts fieberhaft gearbeitet wird. 20.30 Uhr: Auf der Computeranzeige des Gate H32 erscheint eine Mitteilung: Das Flugzeug soll erst um 22.30 starten. Ärgerlich.

23.15 Uhr: Durchsage: Der Flug wird aufgrund technischer Schwierigkeiten gecancelt und soll erst am nächsten Morgen um 11.00 Uhr starten.

Chinesische und farbige Passagiere zurückgehalten

Wie gut, dass die Lufthansa Hotelzimmer besorgt hat. Nur: An der Zollschranke werden 45 chinesische und vier farbige Passagiere zurückgehalten. Sie dürfen nicht hinaus, alle anderen ausländischen Passagiere können die Schranke problemlos passieren.

Die Angestellten erklären: Diejenigen, die schon einmal ihr Visa gebraucht haben, um ins Land einzureisen, können es kein zweites Mal gebrauchen. Ein Vorfall, der dem Bundesgrenzschutz heute stinkpeinlich ist. Inzwischen, so versichert BGS-Mann Frank Goerke, hat man Möglichkeiten gefunden, in solchen Fällen die Einreise zu ermöglichen.

Am 22. August aber hieß es: Gute Nacht auf dem Flughafen. "Dünne Decken" seien gebracht worden, die obendrein nur für die Hälfte der Menschen ausreichten, schimpft Sun Yin, die offenkundig mit dem Service der Lufthansa alles andere als zufrieden war. Das bisschen heiße Wasser, das die alten Leute und Kinder benötigen, wird erst nach einer Stunde gebracht.

Unterbrechen der Telefonverbindung

Als man sich das Telefon der Lufthansa borgt, um die chinesische Botschaft zu kontaktieren, unterbrechen die Angestellten der Lufthansa die Telefonverbindung mitten im Gespräch.

Daheim angekommen, wird sogleich ein Beschwerdebrief verfasst, der unter anderem an Lufthansa-Büros in Peking und Schanghai, die chinesische Botschaft in Berlin, das chinesische Konsulat in München und die chinesische Verbraucherzentrale geschickt wird.

Der Lufthansa ist dies alles durchaus unangenehm, ihr East China Regional Manager Deng Hanbo entschuldigte sich blumig in der Beijing Evening News: Bitte vertrauen Sie mir, während der Verzögerung des Flugzeugs haben die Angestellten von Lufthansa das Problem auf ernsthafte und ehrliche Weise behandelt. Wir boten den Passagieren Essenscoupons und denjenigen Passagieren, die über Multiple-Entry-Visas verfügten, eine Übernachtung im Hotel.

Auch die Zentrale in Frankfurt ist überzeugt, die Chinesen gut behandelt zu haben. Man habe alles Menschenmögliche getan, die tatsächlich vierzehneinhalbstündige Verzögerung so angenehm wie möglich zu gestalten und eine Entschädigung von 100 US-Dollar pro Person angeboten.

Dumm nur, dass kurz später, am 28.August, schon wieder ein China-Flieger, diesmal LH722 nach Peking, wegen einer Panne nicht starten konnte. Die Passagiere mussten im Erdinger Moos übernachten. Im Hotel. Der BGS hat allen die Einreise ermöglicht.

© SZ vom 4.9.2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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