Flaucher:Wut und Grillwut

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Heuer sind die Leute besonders scharf aufs Feuermachen - der Ärger mit Anwohnern ist programmiert.

Christian Rost

(SZ vom 31.7.2001) - Neben Füchsen, die sich Federvieh schnappen, und Krähen, die Jagd auf Küken machen, hat der Tierpark Hellabrunn einen neuen natürlichen Feind: den Griller.

Grillen Was ist erlaubt, was verboten? (Foto: N/A)

Am Wochenende habe man im Streichelzoo wegen des Qualms fast die eigene Hand nicht vor Augen sehen können, sagt der kaufmännische Direktor des Zoos, Erwin Kufner. Die Schwaden seien von den Feuerstellen am Isarufer bis zum Elefantenhaus gezogen.

Das war den Tierpflegern dann doch etwas zu viel. Es blieb ihnen nichts anderes übrig, als die Polizei zu rufen. Und die Beamten ließen 14 illegale Feuer in unmittelbarer Nähe zum Gehege löschen.

Vergnügen und Pest

Grillen in der Stadt: Das ist Vergnügen und Pest zugleich. Die Aktiven sitzen versonnen vor ihrem Lagerfeuer und brutzeln Würstel, die Passiven verrammeln ob des Rauchs und der Geruchsschwaden ihre Fenster und klingeln die Telefon der Polizeiinspektionen heiß.

Dieses Treiben erreichte - wie berichtet - am Wochenende seinen vorläufigen Höhepunkt: Unterstützt von einer halben Einsatzhundertschaft und von Angehörigen des Sicherheitsdienstes der Stadt, löschten die Beamten 140 verbotene "Bodenfeuer" entlang der Isar.

Susanne Gast von der Abteilung Gartenbau bei der Stadtverwaltung glaubt, dass "die Leute in diesem Jahr besonders scharf aufs Grillen sind". Weil der Juli anfangs so verregnet und der vorige Sommer beinahe komplett ausgefallen war.

Kein freier Platz

Grillwut macht sich breit - so fand sich am Samstagabend am Münchner Isarufer tatsächlich kein freier Platz für Münchens neueste Freizeitaktivität Nummer eins mehr. Für Gast, selbst kein Fan davon, ist klar: "Man muss in der Stadt grillen dürfen."

Eine Beschränkung, beispielsweise auf gewisse Tageszeiten, hält sie für nicht praktikabel. "Von 17 bis 19 Uhr, das geht doch nicht", sagt sie. Aber an die Regeln halten könnten sich die Leute wenigstens, sich auf die von der Stadt ausgewiesenen Bereiche beschränken (Bericht rechts).

In Bürgerversammlungen sorgt das Thema immer wieder für Unruhe. Christa Knappik (SPD), Vorsitzende des Bezirksausschusses Untergiesing-Harlaching, weiß ein Lied davon zu singen. "Wobei Müll das größte Problem ist."

Erst kürzlich war sie mit einer Kindergruppe an der Isar unterwegs. Zwei verletzten sich an Scherben zerborstener Flaschen.

Verfeuert wird alles, was brennt

Obwohl Stadt und Polizei Zettel verteilen lassen, die Erholungssuchende um Rücksichtnahme bitten - die guten Worte fruchten beim Gros scheinbar nicht. Zum Verfeuern wird frisches Grün von den Bäumen abgebrochen, und selbst über den Tierparkzaun klettern manche, um Büsche auszuholzen oder Zäune abzumontieren.

Angesichts dessen wollen mehrere Bezirksausschüsse nun selbst radikal vorgehen. Laut Christa Knappik wird erwogen, ob die problematischen Bereiche als Naturschutzgebiete ausgewiesen werden können. Bislang gilt für die Isar Landschaftsschutz - mit einigen Ausnahmen wie die Grillerlaubnis.

Auch Peter Witt (CSU) vom Bezirksausschuss 19, der für Thalkirchen und somit den Flaucher zuständig ist, fordert eine "härtere Linie von der Stadt".

Die Idee Naturschutzgebiet begrüßt er natürlich, den hier handele es sich um einen "schützenswerten Bereich". Darüber hinaus sollte aber auch öfter die Polizei patrouillieren. Auf dass es die unvernünftigen und nicht die vernünftigen Erholungssuchenden treffe.

Vielleicht genügt es ja schon, simple Tricks anzuwenden. Wie dies Tierparkchef Erwin Kufner praktiziert. Um nächtliche Eindringlinge, die auf der Suche nach Feuerholz auf dem Areal herumstreifen, abzuschrecken, sagt er: "Man sollte aufpassen. Hier spazieren nachts Tiere frei herum." Um welche es sich handelt, gibt er freilich nicht Preis. Und macht ein Gesicht, als wäre dies gar kein Trick.

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