Fischlokale:Aus unbekannten Tiefen

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Die Alternativen zu Fischstäbchen und Lachsersatz - eine Entdeckungsreise zu Münchner Fischrestaurants.

Johannes Willms

Fisch war früher hier zu Lande ein eher seltenes und fast exotisches Nahrungsmittel, von dem im wesentlichen zwei Arten geschätzt wurden: Fischfilet und Schellfisch.

Fangfrisch (Foto: N/A)

Außerdem gab es noch zu bestimmten Jahreszeiten Hering und, vorzugsweise auf Jahrmärkten, einen Fisch, der zwischen zwei Brötchenhälften rot hervorschaute, köstlich salzig schmeckte und den rätselhaften Namen "Lachsersatz" führte.

In manchen Familien soll es auch heilige Tradition gewesen sein, an Weihnachten einen der massigen Glotzaugenfische namens Karpfen zu verspeisen. Und die wenigen notorischen Freunde von Fischgerichten versorgte Hein Esser am Isartor.

Später wurde Fisch vorzugsweise in rechteckigen, mundgerechten und panierten Portionen in schmucken bunten Pappschachteln aus den Tiefkühltruhen von Lebensmittelgeschäften gefischt. Den Inhalt besagter Schachteln gab man zu Hause ins Backrohr oder in die heiße Pfanne und erlebte im Nu das Wunder eines so genannten Fertiggerichts.

Gourmets fielen dadurch auf, dass sie auf die Bröselkruste einige Spritzer Zitronensaft träufelten.

Seitdem es diesen praktischen und vor allem grätenfreien Fisch gibt, haben sich die Essgewohnheiten grundlegend verändert. Früher gab es Fisch vorzugsweise freitags, was ursprünglich mit religiösen Fastengeboten zusammenhing, die dann auf geheimnisvolle Weise allgemeine Gültigkeit erlangten.

Verdienst der Italiener

Inzwischen kommt Fisch häufiger auf den Teller. Und die Speisekarten vieler Restaurants kommen ohne Fischgerichte nicht mehr aus. Verdienste an dieser Entwicklung haben vor allem die die großen Köche der gehobenen Restaurants, für die Fisch und Meeresfrüchte immer unverzichtbar waren, aber auch die vielen Italiener in der Stadt, die von Anfang an unverdrossen auch gegrillten Fisch oder Fisch in Weinsoße auf ihre Karte setzten.

Wer ausgerechnet in München, wo der Himmel angeblich voller Schweinshaxen hängt und zwischen den Biergläsern allenfalls ein paar Würste auf den Wirtshaustischen Platz finden, Lust auf Fisch verspürt, und zwar nicht nur auf zwei oder drei Arten, hat inzwischen durchaus die Wahl.

Sicherlich gibt es in der Metropole südlich des Weißwurstäquators ein Dutzend Fischrestaurants oder Bistros, was für sich genommen schon als eine kleine Sensation gelten kann.

Dazu kommen die Fischhandlungen am Viktualienmarkt, also beispielsweise die Nordsee-Filiale oder Fisch-Witte, wo man im Stehen allerhand Seegetier verspeisen kann. Und das ist längst nicht mehr nur Hering auf der Faust oder das Goldbarschfilet mit einem Schlag Remoulade und Kartoffelsalat.

Wonnen des Meeres

Vielseitig ist das einschlägige Angebot auch gleich nebenan im Poseidon, Geschäft und Bistro zugleich.

Wer sich jedoch mehr Muße für den Genuss von frischem Fisch nehmen will, der kann zwischen einigen Restaurants auswählen, die sich alle durch ein erfreulich hohes Niveau auszeichnen.

Was die Entscheidung zwischen diesen allenfalls erleichtert, ist der Umstand, dass in ihnen unterschiedliche "Küchen" gepflegt werden. Ein paar von ihnen wollen wir besonders erwähnen.

Die höchsten Wonnen des Meeres erschließt den Münchnern seit langem der Österreicher Werner Hunsinger, seit vier Jahren in seinem Hunsinger's Pacific. Der Gastraum am Maximiliansplatz verpflichtet: Hier kochte einst Witzigmann in seiner Aubergine.

Neben den Klassikern der gehobenen europäischen Fischküche offeriert Hunsinger eine schöne Auswahl von asiatischen Gerichten, hauptsächlich von Meeresgetier, aber nicht ausschließlich.

Dies in Anbetracht der Qualität der Produkte zu erstaunlich günstigen Preisen, wie Felix Mostrich bei einer SZ-Kostprobe feststellen konnte.

Ein "Klassiker" unter den auf Fisch spezialisierten Restaurants in München ist zweifellos das Italfisch in der Zenettistraße gleich neben dem Hauptgebäude des Schlachthofs: Funktionale Inneneinrichtung, aufmerksamer Service und das gedimmte Licht, von dem nicht nur Damen wissen, dass es ihnen schmeichelt.

"Riff" im "Atlantik"

Solche Anmutung ist geeignet, Erwartungen zu wecken, die durch einen ersten Blick in die Speisen- und Weinkarte womöglich noch höher gestimmt werden.

Das gilt zumal für jemanden, der geneigt ist, die italienische Küche für die beste und vielfältigste, die einfachste und gleichzeitig raffinierteste zu halten; für einen solchen Gast ist das Italfisch eine echte kulinarische Einkehr, werden die hier servierten Spaghetti alle vongole in einem angenehm scharfen Sugo aus Olivenöl und Peperoncino, die Lottefilets in Hummerschaum oder die Sogliolette fritti zu einer köstlichen, ihn immer wieder verlockenden Erinnerung.

Gleich um die Ecke hat sich das Atlantik-Fisch zu einer echten Konkurrenz entwickelt. Die Speisekarte ist winzig, aber das was geboten wird, ist exzellent. Das eher karge Ambiente erinnert an eine Fischerkneipe irgendwo am Atlantik.

Am Mariahilfplatz findet sich Riff, das ebenfalls mit einem angenehm schnörkellosen Ambiente aufwartet. Der Fisch, der hier zubereitet wird, dürfte auf dem Pariser Großmarkt gekauft worden sein, denn wie sonst ließe es sich plausibel erklären, dass man hier Bulots, Meeresschnecken, als Vorspeise bestellen kann, die mit einer Vinaigrette serviert werden.

Im Riff huldigt man aber vorzugsweise mit viel Liebe der asiatischen Kochkunst, weshalb die mit Crevetten gefüllten und mit Koriander abgeschmeckten "Glücksrollen", die sich ebenfalls im Angebot an Vorspeisen finden, durchaus ihrem Namen gerecht werden.

Im La Bretagne in der Rablstraße kommen nicht nur Fische, Austern, Muscheln und Krustentiere sowie die Weine, sondern auch der Koch und die beiden Kellnerinnen, die in dem lediglich zimmergroßen Restaurant bedienen, aus Frankreich.

Der Name ist Programm, weshalb hier die bretonische Küche besonders gepflegt wird. Wer nicht auf bestimmte Genüsse festgelegt ist, dem empfiehlt sich hier die Entscheidung für "Le Menu de la Bretagne", das vom Chef de Cuisine nach dem Marktangebot komponiert wird.

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