Filmfesteröffnung:Die schönste Frau der Welt

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So feiert man Geburtstag: Das 25. internationale Filmfest München startet mit einer Filmemacher-Party - und einem grandios traurigen Eröffnungsfilm.

Ruth Schneeberger

So viel gelacht wurde selten zur Eröffnung: Plötzlich stehen sie da, in ihren komischen himmelblauen Uniformen. Mitten auf dem Flughafen, bestellt und nicht abgeholt. Acht Mitglieder eines ägyptischen Polizeiorchesters sind zu Besuch in Israel, um in irgendeiner Kleinstadt irgendein winziges Konzert zu geben. Eigentlich keine große Sache.

Schauspielerin Saralisa Volm nutzt die Eröffnung des Filmfests zur öffentlichkeitswirksamen Kritik. Der Film "Finale" ist vom Festival abgelehnt worden. (Foto: Foto: ddp)

Was Regisseur Eran Kolirin allerdings aus dem Film "The Band's Visit" macht, ist ganz großes Kino: Auf leisen Sohlen, mit reduzierten Mitteln, kuriosen Kameraeinstellungen, bei denen immer irgendjemand quer durchs Bild läuft, zurückgenommener Mimik seiner fabelhaften Darsteller und schreiender Situationskomik ist "The Band's Visit" der vermutlich beste Eröffnungsfilm, der je auf einem Filmfest gezeigt wurde.

Dieser Film ist wie ein Destillat, ein guter Cognac, verdichtet zu einer heiter-melancholischen Melodie über die Ahnung von Liebe. Und die perfekte Bühne für seine israelische Hauptdarstellerin: Ronit Elkabetz verleiht der ansonsten tragisch-komischen Stimmung, von tonnenweise Einsamkeit getragen, eine Extra-Portion Leben.

Längst jenseits der 20, von der Ereignislosigkeit in ihrem Dorf mitten in der Wüste angestachelt, wird sie zur schönsten Frau der Welt, als auf einmal das komische kleine Polizeiorchester hilflos in ihrem Restaurant auftaucht. Was dann passiert, das sollte sich jeder ansehen, der auf dem Filmfest oder vermutlich demnächst in allen guten Programmkinos dieser Welt die Gelegenheit dazu bekommt.

Mit ihrem Penelope-Cruz-Charme, ihren Schauspielkollegen und ihrem Regisseur, der seine Großmutter mit nach München gebracht hat, verließ Ronit Elkabetz nach der Premiere zusammen mit Festivalleiter Andreas Ströhl umjubelt die Bühne mit den Worten "Thank you for the Love" - um sich zur anschließenden Filmfest-Eröffnungsfeier ins Künstlerhaus am Lenbachplatz geleiten zu lassen. Dort blieb man trotz Promi-Aufgebot dem Motto des Filmfests treu: Bloß nicht zu viel Show, lieber ein bisschen mehr Inhalt.

Wie Oberbürgermeister Christian Ude (SPD) zur Eröffnung im Mathäser Kino verriet, war nämlich genau das zur Geburt des Filmfests in München das Problem: Zornige Jungregisseure hätten gewettert, die Stadt wolle sich bloß mit dem Glamour der internationalen Filmszene schmücken, als Regisseur Volker Schlöndorff Ende der 70er Jahre die Idee hatte, an der Isar ein Fest der Filmemacher zu etablieren. Und nun, nach 25 Jahren Filmfest, dürfte es bewiesen sein: Es sind nicht die großen Stars, die sich hier zur Schau stellen, es sind nicht die Blockbuster, die gezeigt werden.

"Junge Talente, junge Regisseure aus dem In- und Ausland aufzuspüren, ist zu einem Markenzeichen des Filmfests geworden", sagte Bayerns Finanzminister Kurt Faltlhauser (CSU) in seiner Jubiläumsrede. Und betonte nebenbei, dass weder die Landeshauptstadt noch der Freistaat "besonders viel" Geld in das Filmfest investierten - trotzdem seien in den vergangenen vier Jahren 12.000 Arbeitsplätze in der Branche entstanden.

"Wir haben leider zunehmend auch in dieser Stadt Probleme", sagte Ude, und er sei dankbar, dass diesmal auch die sozialen Schwierigkeiten innerhalb der Filmbranche thematisiert würden - etwa mit dem Film "Bis zum Ellenbogen" mit Jan Josef Liefers, in dem es um einen brotlosen Künstler und Hartz IV-Empfänger geht. Großer Applaus - und dann ging es zum Empfang unter Kronleuchtern mit Eis, Sekt und Häppchen:

Das 25. internationale Filmfest München zeigt bis zum 30. Juni 234 Filme aus 40 Ländern - viele von ihnen kommen erst 2007 oder 2008 ins Kino.

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