Feng Shui auf dem Bau:Das Kristall-Geheimnis

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Für schlechte Arbeit brauchen Angestellte im Altstadtpalais künftig eine gute Ausrede: Am Haus kann es nicht liegen, denn hier herrscht Feng Shui.

Gitte Diener

Schätze werden geborgen? Falsch. In München wurden sie gestern verbuddelt. 400 Kilo Bergkristall aus Brasilien wurden auf einer Grundfläche von rund 1750 Quadratmetern unter dem zukünftigen Altstadtpalais am Karl-Scharnagel-Ring verteilt.

Warum? Feng Shui: Die Lehre, mit seiner Umgebung in Einklang zu leben, stammt aus China. Ein optimaler Energiefluss sei auch in Gebäuden unerlässlich. Wirklich?

Für die Bauherren, die Accumulata Immobilien Developement GmbH, die all ihre Gebäude nach dieser Lehre plant, ist Feng Shui ein "Gewerk wie Betonbau auch", erklärt PR-Chefin Sabine Hirschberger - also inzwischen genau so üblich wie das Verlegen von Elektrokabeln.

Deren Feng Shui-Berater Wasili Pantazoglou erklärt, das Grundstück sei schon "ungewöhnlich gesund, keine Wasseradern oder Erdrisse". Dennoch: Vorbeugung sei die beste Medizin, und so sollen Boden und Haus bereits für alle Eventualitäten gewappnet sein. Die Angestellten in den Büroräumen des Alstadtpalais würden bald "sehr effizient arbeiten und sind vielleicht lieber im Büro als zu Hause", prophezeit Pantazoglou.

Mozart zur Beruhigung

Dafür seien die besten Kristalle gerade gut genug: Die Steine müssen getrommelt werden bis keine Ecken, keine Kanten mehr zurückbleiben. Das bedeute Stress für die Kristalle, so der Fachmann. Also müssten sie "energetisch durchgereinigt" werden, um sie wieder zu beruhigen. Wie das geht? Denkbar sei zum Beispiel, die Steine eine Woche lang den Klängen von Mozart auszusetzen.

Dann geht's weiter: Sie müssen polarisiert werden. Dafür klopft eine Mitarbeiterin Pantazoglous mit einem Löffel einmal auf die eine Seite jedes einzelnen Steines, zweimal auf die andere. "Derjenige, der das macht, muss gut drauf sein, die negative Energie würde sich sofort auf die Steine übertragen", so Pantazoglou. Wofür die Polarisierung gut ist? Dies sei wichtig für die Kommunikation der Kristalle untereinander, es entstehe ein "kristalliner Teppich", und sie könnten die Energie gegenseitig weitergeben, mit der sie vorher aufgeladen wurden.

Die Kristallsteinlegung ist erst der erste Schritt. Das gesamte Haus wird nach Feng-Shui-Gesichtspunkten ausgestattet, bis hin zu Wasserspielen und Teppichböden. Ob's was bringt? Sabine Hirschberger von Accumulata Immobilien ist überzeugt davon: "Das lässt sich nicht messen, aber es es hilft den Menschen, und es geht um Wohlfühl- und weiche Faktoren".

Mozart, weiche Faktoren, geklöppelte Steine - darf es wahr sein? Es darf: Rund zwei Prozent des Gesamtvolumens der Baustellenkosten, so verrät Sabine Hirschberger, werden für die Feng Shui-Bestrebungen ausgegeben. Ob den Mitarbeitern tatsächlich damit geholfen ist - oder nur denjenigen, die damit ihr Geld verdienen, das bleibt - vorerst - ein kristallines Geheimnis.

Wer übrigens hofft, als Kristallgräber einige der energetischen Steinchen am Karl-Scharnagel-Ring für sich abstauben zu können, sei gewarnt. Patrouillen werden ein Auge darauf haben.

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